Essen. .

Er ist mit seiner Anita Drögemöller zum Vater aller Revier-Krimis geworden. Er hat die Nibelungen so originell und plausibel wie schon seit Jahrzehnten niemand mehr variiert, indem er Siegfried ins Ruhrtal holte. Und mit „Paradies, irisch“ hat Jürgen Lodemann auch noch einen utopischen Roman voller saftiger Sinnlichkeit ins Irland des Spätmittelalters verlegt. Schon wegen dieser Meilensteine horcht man mit Entsetzen auf, wenn der 75-jährige Träger des Literaturpreises Ruhr nun ankündigt, sein neuer Roman „Salamander“ sei sein letzter.

Eine aberwitzig anmutende Geschichte um eine hochattraktive Frau, die gleich von zwei Männern bedrängt wird: von Bob, einem jüdischen Amerikaner, und von Tansel, Sohn eines schwerreichen Türken aus dem Hamburger Establishment. Alexa Undine, die sich als Zwitter entpuppt, flieht vor beiden nach Freiburg zu ihrem Großonkel Georg Harry, einem schon recht betagten Schriftsteller, der die Vorzüge der badischen Landschaft in seiner traumhaft gelegenen Wohnung genießt wie den guten Wein und das bessere Leben im tiefgrünen Öko-Stadtteil Vauban.

Liebeserklärungen ans Ruhrgebiet

Tansel ist ein Stalker, so liebenswürdig wie hochgebildet, und das Gleiche gilt für Bob, der zu Beginn des Rückblenden-Romans tot in Holterhoffs Wohnung aufgefunden wird. Am Ende wird auch Holterhoff tot sein, dazwischen aber geht es hoch her, mit Waffengeschäften und Geheimdiensten und Menschen, die Liebe für ein besitzanzeigendes Fürwort halten. Der Krimi darin ist aber nur ein Treibriemen für eine Geschichte, in der die Lebens- und Leitmotive Jürgen Lodemanns durchgespielt werden, vom schwierigen, aber möglichen Miteinander eigenwilliger Charaktere bis zur Kritik an der alltäglichen Schubladisierung von Menschen und Denkweisen, von Liebeserklärungen ans Ruhrgebiet und Lortzings Freiheitsoper „Regina“ über literarisches Anspielungsbillard bis zu Gedanken über den Tod. Manchmal scheint es, als könne diese Fülle an Stoff gar nicht in ein einziges Buch passen, ohne dass es auseinanderfiele. Aber Lodemann und sein alter ego halten zusammen, auch diesen Roman. Der ist keine Lebensbilanz, sondern eine schöne, späte Blüte. Es muss ja nicht die letzte sein.