Bonn. .

Als der deutsche Afrikaforscher Gottlob Adolf Krause im Jahre 1889 seine mehr als 1700 gesammelten Objekte zur Malikultur ans Berliner Völkerkundemuseum geben wollte, da winkte man nur dankend ab. Was sollte man bitteschön mit all den Masken und Figuren, den Schatullen und Ritualstäben? Am Ende nahm man sich im niederländischen Leiden einiger Dinge an, die der Sprachforscher auf seiner Reise von der afrikanischen Goldküste bis nach Timbuktu zusammengetragen hatte. Doch als Krause mittellos in Zürich starb, da war ein Großteil seiner Sammlung im Abfall seiner Erbenvertreterin Frau Säuberlich gelandet.

100 Jahre später fällt das Interesse an den archaischen Figuren und filigranen Gefäßen deutlich größer aus. Diese kunstvoll geschnitzten Skulpturen mit ihren pfeilschmalen Gesichtern und den fadendünn gestreckten Körpern gelten längst als sorgsam zu hütender Schatz. Von heute an zeigt die Bundeskunsthalle Bonn das Weltkulturerbe Dogon. Mit mehr als 270 Skulpturen, Masken und Alltagsobjekten verschiedener Stile -- von der fingerdünnen Reiterstatuette bis zur mächtigen 1000 Jahre alten Holzfigur -- präsentiert sich dieser kleine Stamm, dessen Heimat im Südosten Malis seit 1989 als Kultur- und Naturerbe auf der Unesco-Welterbeliste steht, erstmals in Deutschland.

In Paris war die Schau ein Publikumshit. Und nun sollten auch die Deutschen Bekanntschaft machen mit dem Dogon-Volk, das sein karges Dasein bis heute mit dem Anbau von Chili, Tabak und Zwiebeln bestreitet, das immer noch die grausame Tradition der Beschneidung und die Vielehe kennt, das an die Weissagungen ihrer Seher glaubt und an die magische Bedeutung der Zahl acht.

Manche glaubten an Kontakt mit Außerirdischen

„In jedem Winkel wabert das Heilige“, notiert der französische Ethnologe Marcel Griaules 1931 in sein Expeditionsbuch. Ein Volk, das über 100 Maskentypen kennt und den Stern Sirius B bereits verehrt, als der in der westlichen Welt noch gar nicht entdeckt ist, fasziniert Fantasyfans wie Wissenschaftler gleichermaßen. Manche haben den Dogon ob ihrer astronomischen Weitsicht sogar Kontakt mit Außerirdischen nachgesagt. Wer will, mag in den aufragenden Figuren, die ihre Arme oft so hoch hinausstrecken, als wäre der Himmel zum Greifen nahe, durchaus eine Vorlage für Spielberg sehen.

Vor allem aber sieht man heute, wie sich die westliche Kunst im 20. Jahrhundert von diesen schlichten, aber faszinierenden Masken und Figuren hat beeinflussen lassen, denkt beim Anblick der einfach geometrischen Formen längst an Großmeister wie Picasso, Braque und andere französische Kubisten.

„Die Wissenschaft braucht kein Blut“

Irgendwann jedenfalls waren diese afrikanischen Skulpturen bei Sammlern und Völkerkundemuseen in Europa so beliebt, dass die Felsenlandschaft der Dogon regelrecht ausgeräumt worden war. Die Schau beleuchtet auch die dunklen Seiten der kolonialen Ausbeutung. Erinnert an Bismarcks Kongo-Konferenz, deren Entschlüsse in Afrika bis heute spürbar sind. Und erinnert an jene bedauernswerten Existenzen, die 1931 von der Weltausstellung in Paris an Hagenbecks Tierpark ausgeliehen wurden. Im Tausch gegen Krokodile als „echte Kannibalen“ präsentiert.

Gottlob Adolf Krause war all das ein Gräuel: „Die Wissenschaft braucht kein Blut“ schrieb Krause, der 1886 mit 126 Mark nach Timbuktu aufbrach und mit einem Millionenschatz zurückkehrte, den damals bloß niemand wollte.