Essen. . Das neue digitale Radio macht vieles möglich. Auf der Autofahrt quer durch Deutschland die ganze Zeit den geliebten Heimatsender hören? Kein Problem mehr. Trotzdem mangelt es DAB + noch an Reichweite. Denn die Deutschen lieben ihre Ultrakurzwelle.
Andreas Schulz hat es nicht leicht zurzeit. Für das Digitalradio in Deutschland soll der Programm-Manager beim Veranstalter Regiocast Werbung machen. Was ungefähr so ist, als müsse er Kühlschränke am Nordpol verkaufen. Denn der neue Radiostandard, der am 1. August dieses Jahres gestartet ist, sendet bisher weitgehend unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit. Vor allem, weil die Deutschen weiterhin ihrer Ultra-Kurzwelle treu bleiben – auch wenn DAB+ viel mehr kann.
Ein paar Fakten zu DAB+? Kein Problem für den Programmmanager. Zwölf bundesweit sendende Radiostationen sind derzeit empfangbar. Dazu kommen – je nach Bundesland unterschiedlich – diverse Regionalsender. Kein Zischen und kein Rauschen gibt es mehr, die Musik erreicht – ein gutes Radio vorausgesetzt – nahezu CD-Qualität. Empfangen werden kann die neue Technik derzeit von rund 50 Millionen Deutschen. In Ballungszentren wie dem Ruhrgebiet flächendeckend und sogar im tiefen Keller – im Sauer- oder Siegerland manchmal nicht mal auf freiem Feld. Benötigt wird ein aktuelles DAB+-Radio. Kostet mindestens 50 Euro, kann auch 300 Euro teurer sein und ist sogar für das Auto erhältlich. „Dann können Sie Ihren Lieblingssender bei der Fahrt durch ganz Deutschland hören“, sagt Schulze. Quasi als Zugabe lassen sich Zusatzinformationen wie Verkehrsmeldungen, Wetterinfos oder Songtitel per Text beziehen.
Auch Fußballsender empfangbar
Musikalisch werden schon jetzt viele Geschmäcker bedient. Denn neben den größten Hits der 70er, 80er und 90er Jahren und dem besten von heute gibt es bereits Sender, die sich auf spezielle Genre spezialisiert haben. Radio Bob etwa spielt überwiegend Rock – und der muss nicht einmal aus den Top 40 stammen. Aber auch für Lounge-, Klassik- und Black-Music-Freunde gibt es eigene Stationen. Auf Wunsch gibt es auch Information pur. Weil bundesweit auch Sender wie „Deutschlandradiowissen“ oder –Kultur auf DAB+-senden.
Für viele Menschen aber vielleicht viel wichtiger: Über DAB+ lässt sich auch das bisher nur via Internet hörbare und gerade mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnete Fußballradio 90Elf empfangen, das jedes Spiel der 1. und 2. Bundesliga sowie alle Pokalbegegnungen kostenlos überträgt.
Ob das alles reicht, um dem neuen Standard zum Durchbruch zu verhelfen, ist dennoch ungewiss. DAB+ muss nicht nur mit der UKW-Treue der Deutschen kämpfen, sondern auch mit der Konkurrenz aus dem Netz, in dem längst über 50 000 Radiostationen aus aller Welt senden. Schulz ist dennoch guter Dinge. DAB+, sagt er, sei weitaus einfacher zu empfangen, als die Konkurrenz aus dem Internet. Und die neuen Radios seien schließlich hybrid und könnten UKW und DAB+ empfangen. „Sie verlieren“, versichert Schulz „absolut nichts.“