Im Oktober kommt es zum musikalischen Gipfeltreffen der Songwriter in Oberhausen: Wenn Bob Dylan und Mark Knopfler sich die Bühne teilen bedeutet das für Fans feinster Rockklänge doppelten Genuss.
Bald wird in den Konzerthallen Realität, was in der Mathematik als unmöglich gilt: Zwei Parallelen kreuzen sich, wenn Bob Dylan und Mark Knopfler im Oktober gemeinsam auf Tour gehen. Denn: Berührungspunkte zwischen beiden Musikern gab es im Laufe der Jahrzehnte nur wenige. Doch es gab sie. Wie beispielsweise 1983, als Mark Knopfer das Dylan-Album „Infidels“ produzierte. Von dieser Kollaboration einmal abgesehen, wähnte man die beiden Stars eher auf unterschiedlichen Umlaufbahnen.
Und das nicht ohne Grund. Während der Brite Knopfler in seiner erfolgreichsten Phase Mitte der 80er Jahre den filigranen Rockarbeiter mit Pulswärmer und Stirnband gab, hatte Dylan bereits seine x-te Häutung durchlaufen. Und während Meister Bob die Popularmusik seit den 60er Jahren immer wieder fröhlich aus den Angeln hebt, verlegt sich der bedächtige Ausnahmegitarrist Knopfler zunehmend auf die Pflege bewährter Traditionen.
Zu Knopflers Ehrenrettung sei aber gesagt: Man muss das Rad ja nicht permanent neu erfinden, damit etwas ins Laufen kommt. „Seine Musik rockt nicht – sie rollt“, befand der Spiegel sehr treffend über den 1949 geborenen Klangmaler. Und ganz so, wie Knopfler mit der Gitarre umgeht, geht er auch seine Karriere an: Bedächtig, geduldig und ohne Eile setzte sich der Sohn ungarisch-jüdischer Immigranten im Rockgeschäft durch. Erst als Kopf der Band Dire Straits („Money For Nothing“), später als Soundtrack-Komponist („Local Hero“), Solo-Künstler und Songlieferant für andere (Tina Turners „Private Dancer“ stammt aus Knopflers Feder).
Seine einzigartige Behandlung elektronisch verstärkter Saiteninstrumente, sein lässig dahingemurmelter Sprechgesang und sein allürenfreies Auftreten bringen dem „Sultan Of Swing“ bis heute hohe Sympathiewerte ein. Allzu Kantiges hat der Grandseigneur des Ohrenkinos dabei bislang immer großräumig umfahren.
Wie anders nimmt sich im Vergleich der Werdegang von Dylan aus, der immer mit Kämpfermine in die Welt zu blicken scheint. Und dessen Singstimme stets einen strafend-meckernden Unterton hat. Geboren 1941 (als Robert Allen Zimmerman), schwang sich der Mann aus Duluth zum mürrischen Sprachrohr einer rebellischen Generation auf – um wenig später seine Verweigerungshaltung auch auf die eigene Fan-Basis auszudehnen: Nachdem der Mann mit der Mundharmonika der Folkmusik durch lyrische Weisen wie „Blowin’ In The Wind“ oder „The Times They Are A-Changin’“ neue Impulse gegeben hatte, wandelte sich der intellektuelle Bänkelsänger urplötzlich zum Rock-Star.
Stichjahr 1965: Als Dylan beim Folk Festival in Newport erstmalig ein Verstärkerkabel in seine Gitarre einstöpselte, übertönte der Aufschrei im Publikum fast das Dargebotene. Und beinahe wäre überhört worden, dass der verschrobene Egomane auch in seiner zweiten Karrierephase wieder die Musikwelt auf den Kopf stellen sollte – mit unsterblichen Glanznummern wie „Like A Rolling Stone“.
Die Freude an der Umwälzung hat er bis heute nicht verloren. Auch dem Drang, Erwartungshaltungen möglichst frühzeitig im Keim zu ersticken, ist er stets nachgekommen. Jüngstes Indiz: Seine letzte Veröffentlichung ist ein Album mit Weihnachtssongs. Das hatte noch gefehlt.
Was diese beiden Künstler – bei aller Unterschiedlichkeit – schlussendlich eint, ist ihre Liebe zur Musik. Und der Respekt vor der Lebensleistung des jeweils anderen. Zumal die Welt ja immer beides braucht: Visionäre wie Dylan und Versöhner wie Knopfler. Manchmal sogar am selben Abend.
23.10. Bob Dylan & Mark Knopfler live in der KöPi-Arena Oberhausen.