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Zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September: Der ehemalige Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust hat für seine ARD-Dokumentation US-Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder vor die Kamera geholt – und erzählt von einer verhängnisvollen Entscheidung der Amerikaner. Achim Beer sprach mit Aust.

Herr Aust, Ihre Dokumentation heißt „Falle 9/11“. Wieso Falle?

Aust: El Kaida hat diese Anschläge verübt, um die Amerikaner zu einem Rachefeldzug zu provozieren. Dieser Feldzug hat sich zum ersten globalen Krieg des 21. Jahrhunderts ausgewachsen – und die USA haben sich in ihm nach Kräften diskreditiert.

Hatten die USA denn eine Alternative zum Krieg in Afghanistan?

Dass die USA in Afghanistan eingegriffen haben, war richtig – mit der CIA, mit Special Forces, mit der Unterstützung der afghanischen Nordallianz. Der Fehler war, dass sie dann auch gleichsam als Besatzungsmacht geblieben sind.

Bei der Besetzung Afghanistans war dann ja auch die Bundeswehr dabei und ist es bis heute.

Ich glaube, der Bundesregierung blieb nichts anderes übrig, als mit in diesen Krieg zu ziehen. Sie war durch den Nato-Vertrag dazu verpflichtet. Immerhin hat es der damalige Kanzler Gerhard Schröder geschafft, Deutschland aus dem Irak-Krieg herauszuhalten. Das ist ein großer Verdienst.

In Deutschland hat bis heute kaum einer das Gefühl, dass sich das Land in einem Krieg befindet.

Es wird verdrängt. Erst als die Deutschen zu Tätern wurden bei der Bombardierung der Tanklaster in Kundus – da fingen die Deutschen auf einmal an, sich mit diesem Krieg zu beschäftigen.

Nun sitzen wir in der Falle. Wie kommen wir heraus?

Das ist außerordentlich schwierig. Aber wenn wir wissen wollen, wie wir wieder rauskommen wollen, dann müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir hineingekommen sind. Dazu leistet dieser Film einen Beitrag.

Wo waren Sie 2001, als die Anschläge passierten?

Ich flog von München nach Hamburg. Beim Einsteigen rief mich ein Kollege von Spiegel TV an und erzählte mir, dass ein Flugzeug ins World Trade Center gestürzt sei. Erst nach der Landung hörte ich von dem zweiten Flieger.

Es war ein Dienstag, der aktuelle Spiegel lag noch recht frisch in den Regalen.

Aber das war nichts Schlechtes. Dadurch hatten wir sehr viel Zeit zu überlegen, was da eigentlich passiert ist. Die Titelgeschichte erschien mit einem Bild der brennenden Türme und der Zeile „Der Krieg im 21. Jahrhundert“.

El Kaida hatte auf diese Bilder spekuliert.

Es ist überhaupt nicht zu verhindern, dass man als Journalist Terroristen auch eine Plattform gibt, wenn sie solche Taten begehen. Terrorismus ist Kommunikation, Kommunikation mit Toten. Durch Verschweigen würde man ihnen das letzte Wort überlassen.