Troisdorf. . Das Bilderbuch-Museum Troisdorf zeigt mit „Mecki – Der Comic der Deutschen“ auch eine Schau der nationalen Sehnsüchte. Dabei lässt es selbstverständlich die dunkleren Seiten in der Geschichte des Stachmannes nicht außen vor.
Er war der Igel der Nation und in den frühen Jahren der Bundesrepublik schien eine Kindheit ohne ihn undenkbar. Mecki steht für Wirtschaftswunder und heile Welt, für Abenteuer im Wichtelreich und Reisen an exotische Orte. Er ist die Identifikationsfigur und Wunschprojektion der Westdeutschen, die nach dem Weltkrieg erst wieder auf die Beine kommen müssen. So macht er Karriere vom Redaktionsmaskottchen zum Symbol eines sensationellen neuen Mediums namens Fernsehen.
Dienstältester Strichmann
Man darf getrost behaupten, dass keine deutsche Comicfigur jemals wieder solche Popularität erreicht hat wie der brave, deutsche Igel, als Teil der „Hörzu“ mit 4,5 Millionen Auflage pro Woche. Und er darf sich zugleich rühmen, mit mehr als 60 Jahren der dienstälteste Strichmann Deutschlands zu sein.
Grund genug für das Bilderbuch-Museum Troisdorf, die Ausstellung „Mecki – Der Comic der Westdeutschen“ vom Wilhelm-Busch-Museum in Hannover zu übernehmen.
Die Bundesrepublik mit allen Strömungen
Es ist eine kleine, feine Schau, die nach Zeichnern geordnet auch die Geschichte der deutschen Sehnsüchte und Themen behandelt. Beginnend mit den frühen Jahren des Mecki-Schöpfers Reinhold Escher, der noch zaghaft die Kriegserlebnisse der Lesergeneration streift – aber schon zu sonnigen Eiländern strebt. „Wir haben hier die ganze Bundesrepublik vor uns mit all ihren Strömungen“, sagt Bernhard Schmitz vom Bilderbuch-Museum. Er verschweigt natürlich nicht, dass es um Eschers Mitarbeiter Wilhelm Petersen durchaus kontroverse Debatten gegeben hat, weil man in seinen zeichnerischen Stereotypen leicht rassistische Untertöne ausmachen konnte und gerade in der umstrittenen Geschichte „Zigeuner aus Lausedonien“ Fremdenfeindlichkeit erspähte. „Diese Sicht kann man durchaus nachvollziehen. Aber viele Vorwürfe wurden von Leuten aufgeworfen, die die Geschichten nicht von vorn bis hinten gelesen haben“, sagt Schmitz und fügt lächelnd hinzu: „Das ist ein pädagogisches Problem – wir arbeiten dran.“
Umweltprobleme im Anzeigenumfeld
In seinen letzten Tagen hatte Eschers Mecki im Jahr 1977 sogar die Umwelt als Thema entdeckt: Die Tiere flohen aus dem Wald, weil Mensch, Industrie und insbesondere die Autos den Lebensraum zerstörten. Das war hübsch zeitgeistig, passte aber so gar nicht ins anzeigenfreundliche Umfeld einer Programmzeitschrift. Und so schickte die Redaktion den Strip unveröffentlicht wieder zurück.
Als Comic der Deutschen lässt sich die Geschichte des Mecki freilich noch weiter in die Vergangenheit zurückverfolgen, vor die Erfindung der Programmzeitschrift, ja, sogar vor die Erfindung des Fernsehens. Denn natürlich stammt das Vorbild des Mecki aus dem Märchen vom Hasen und dem Igel („Ich bün all hier!“). Der wiederum hatte die Gebrüder Diehl in den 1930er-Jahren zu ihren Zeichentrickfilmen inspiriert, die eine Blaupause des Mecki lieferten.
Mit Handy und Computer
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Die Schau in Troisdorf spannt den Bogen von den Anfängen über den berühmten Hauptstadt-Mecki von Volker Reiche, der später auch durch seinen Strip „Strizz“ bekannt werden sollte, bis zu Hansi Kiefersauer, der heute die Abenteuer des Stacheligen mit einem sehr geschmeidigen, an Eschers Vorbild orientierten Strich weiterführt. Natürlich hat Mecki längst Handy und Computer. Aber er reist auch weiterhin in ferne Länder, gemeinsam mit Charly Pinguin, dem verschnarchten Schrat und der Igelin Micki.
Nur ganz so beliebt wie früher ist er nicht mehr, ein Schicksal, das er mit Programmzeitschriften und dem Fernsehen teilt – was in Zeiten des Internets wiederum deutsche Gewohnheiten spiegelt.