Recklinghausen. .

Festivalchef Frank Hoffmann inszeniert bei den Ruhrfestspielen George Taboris Kammerspiel „Die Demonstration“ als deutsche Erstaufführung.

In der ersten Reihe lacht sich einer schlapp, während seinem Nebenmann das gequälte Grinsen im Gesicht gefriert. Schließlich: Darf man sich amüsieren im Theatersessel, wenn auf der Bühne ein Schwarzer auf einen weißen Juden einprügelt, bis das Blut spritzt? Wenn das Stück von George Tabori (1914-2007) stammt, dem jüdischen Meister des schwarzen Humors, ist eine Art befreiendes Lachen durchaus Pflicht

Festivalchef Frank Hoffmann inszenierte das in Vergessenheit geratene Kammerspiel „Die Demonstration“ jetzt als deutsche Erstaufführung bei den Ruhrfestspielen. Die Produktion lebt dabei von einem überragend überdrehten Martin Brambach, der den 92-jährigen Greis Monsieur Y gibt und der seine drei Mitspieler furios und mit vollem Körpereinsatz an die Wand spielt. „Die Demonstration“ ist ein typischer Tabori, der die Frage nach Opfern und Tätern, nach Schuld und Sühne als groteske Tragikomödie stellt.

Brambach gibt dem Affen beeindruckend Zucker. Mit clownesker Glatze und roten Brillengläsern spielt er den alten Juden, der den Holocaust überlebt hat, aber schwer an diesem Glück trägt. Darum will Monsieur sich opfern und das Martyrium des schwarzen Rassenkampfes durch eine Südstaatenreise am eigenen Leib erfahren. Seine Frau (Christiane Rausch, zwangsläufig blass neben Brambach), erteilt ihm eine derbe Lektion mit Hilfe zweier Schwarzer. Sie demonstrieren dem Alten, was es heißt, ein Schwarzer zu sein. Einen Tod auf Probe sozusagen, einen bizarren Rassenkampf im Wohnzimmer-Labor. Jubril Slaimon und Michael Ojake überzeugen in ihrem grotesken Wechselspiel zwischen bösen Weißen und devoten Dienern.

Jean Flammang hat zu Beginn einen weißen Salon als strenges Tableau eingerichtet, am Ende bleibt davon ein Schlachtfeld übrig. Die Inszenierung hat viele gelungene, temporeiche Momente. Die Absurdität der Situation spiegelt sich in einem subversiven Witz wider, der gnadenlos Tabus verletzt, Zoten nicht ausspart. Und Tabori gerecht wird, der einst sagte: „Humor ist eine todernste Sache.“