Essen. . Eine Ausnahmepianistin ihrer Generation eröffnet das Klavierfestival Ruhr. Im gleichen Monat legt Khatia Buniatishvili auch ein bestechendes Liszt-Album vor.

Sie ist eine Pianistin, die keine Kompromisse kennt. Die genau weiß, was sie will. Sich hineingräbt ins Klavier, um sich mit allen gespielten Linien, Läufen oder Akkorden zu umhüllen. Wer sie auf der Bühne erlebt hat, weiß um ihre Präsenz, Kraft und Hingabe. Khatia Buniatishvili scheint introvertiert, doch die aufrauschenden oder zärtlich innigen Klänge, die sie hervorzaubert, lassen Distanz nicht zu.

Nun hat die junge Georgierin, die 2009 ihr Deutschland-Debüt beim Klavier-Festival Ruhr gab, ihre erste Solo-CD (Sony) eingespielt. Mit Werken einzig von Liszt. Das mag den Anschein haben, die Solistin wolle stürmischen Schrittes den Gipfel des Virtuosentums erklimmen. Aber das ist falsch. Alles Flirren und Flittern als Selbstzweck liegt ihr fern. Hier geht’s um die Kunst, nicht um schönen Schein.

Faustisches Ringen

„Das Klavier ist das schwärzeste Instrument, ein Symbol musikalischer Einsamkeit“, hat die 23-jährige Buniatishvili einmal gesagt, und beim Hören dieser CD erweist sich der Satz als allzu wahr. Wie sich aus dunklem Fluss in größter Ruhe das Thema des 3. Lisztschen Liebestraums entfaltet, wie sich das expressive Thema zur Ekstase steigert bis zum Schmerz und am Ende alles erstarrt: Das hat viel von Leere, Melancholie. Dahinter steckt zugleich faustisches Ringen. Die Pianistin versteht Liszt als Künstler, der nach Wahrheit strebte, in sich zerrissen war, die Liebe suchte, die er letzthin nur im Glauben finden konnte. Eindrucksvoll dokumentiert Buniatishvili dies im Booklet. Ihre Deutung etwa des 1. Mephisto-Walzers oder der weitgespannten h-moll-Sonate ist die Konsequenz dieses Denkens.

Dass sie mit großer Umsicht und unglaublicher technischer Reife zu Werke geht, sei nur am Rande bemerkt. Doch wie die Georgierin der Motorik die Sporen gibt, wie sie im Diskant messerscharf artikuliert, wie sie Phrasen, die vielleicht von Liebe zeugen, ins Leere laufen lässt, hat Seltenheitswert. Es ist, als spiele sie um ihr Leben, um uns Liszts Dasein als tragisches zu illustrieren.

Dieses Debüt ergreift, rüttelt auf, zwingt zum Nachdenken. Ein beachtlicher Einstand.

Das Album erscheint bei Sony am 20.Mai.