Düsseldorf. Politik ist für die Songs ein Tabuthema. Natürlich darf auch der Wettbewerb nicht kritisiert werden. Und wer länger als drei Minuten trällert, fliegt raus. Was beim Eurovision Song Contest erlaubt ist und was nicht, bestimmt ein strenges Regelwerk.

Wenn Lena Meyer-Landrut und ihre Konkurrenten beim Eurovision Song Contest (ESC) um die europäische Gesangskrone kämpfen, achten im Hintergrund viele Verantwortliche darauf, dass alles seine Richtigkeit hat. Insbesondere die Europäische Rundfunkunion (EBU), unter deren Leitung der Wettbewerb ausgetragen wird, verfolgt mit Argusaugen den korrekten Ablauf der Shows. Was erlaubt ist, wie sich die nationalen Jurys zusammensetzen, wie die Punktevergabe abläuft und wann es im schlimmsten Fall zur Disqualifikation eines Teilnehmers kommt, wird jährlich im offiziellen Regelwerk des Song Contests festgelegt.

43 Nationen treten in der zweiten Maiwoche in Düsseldorf an. Weil aber eine einzige Show mit allen 43 Songs die Dimensionen einer Fernsehsendung sprengen würde, gibt es vor dem Finale auch zwei Halbfinals. Dort müssen 38 Länder um einen Platz im Finale kämpfen. Pro Halbfinale kommen von jeweils 19 Künstlern zehn Interpreten weiter. Die Beiträge der fünf größten Geldgeber der EBU - Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Italien - sind direkt für die Endrunde qualifiziert.

Politische Inhalte nicht erlaubt

Auch wenn die Musikshow in diesem Jahr in Deutschland stattfindet und ein Großteil der Zuschauer in der Düsseldorfer Arena aus der Region stammen wird, muss sich das Moderatorentrio aus Anke Engelke, Judith Rakers und Stefan Raab dem internationalen Charakter des Wettbewerbs anpassen. In allen drei Shows gelten Englisch und Französisch als offizielle „ESC-Sprachen“. Die Kommentatoren der übertragenden Fernsehsender übersetzen die Moderationen in die jeweilige Landessprache.

Sehr detailreich beschäftigt sich das Regelwerk mit den Künstlern und ihren Liedern. So müssen alle Sänger zum Stichtag des Finales am 14. Mai mindestens 16 Jahre alt sein und einen Song aufführen, der nicht vor dem 1. September 2010 veröffentlicht wurde. In welcher Sprache gesungen wird, ist frei wählbar. Verboten sind allerdings politische Inhalte, Werbebotschaften und Aussagen, die den Song Contest in Verruf bringen könnten. Die maximale Dauer eines Liedes ist drei Minuten. Ist der Song doch länger, droht eine Disqualifikation. Während live gesungen werden muss, kommt die Musik vom Band. Pro Auftritt dürfen maximal sechs Personen auf der Bühne stehen. Lebende Tiere sind als Teil der Inszenierung verboten.

Telefonvotig der Zuschauer bringt nur die halbe Miete

Nach jahrelangen Diskussionen über eine unfaire Punktevergabe und ein intransparentes System entscheidet mittlerweile eine Mischung aus Expertenjurys und Zuschauerabstimmung über den Gewinner des Song Contests. Pro Land können ein bis zwölf Punkte vergeben werden. In diese Bewertung fließt zu 50 Prozent die Meinung von nationalen Jurys, die aus jeweils fünf Mitgliedern bestehen. Die andere Hälfte bildet das Telefonvoting der Zuschauer. Bis auf das eigene Land kann das Publikum für jede teilnehmende Nation anrufen. Kommt es am Ende der Punktevergabe zu einem Gleichstand zwischen mehreren Ländern, ist das Ergebnis der Telefonabstimmung entscheidend.

Auch die Siegerehrung am Ende eines langen ESC-Abends mit viel guter oder weniger guter Musik wird von der EBU geregelt. Sind alle Punkte verteilt und steht der Sieger fest, dürfen Sänger, Songtexter sowie Verantwortliche des Fernsehsenders aus dem Gewinnerland auf die Bühne kommen und die Gewinnertrophäe entgegennehmen. Mit der erneuten Aufführung des Siegertitels endet dann die Show und damit auch die Fernsehübertragung der größten Unterhaltungsshow in Europa. (dapd)