Oberhausen. .
Der Traum eines Sterbenden: Die Inszenierung „Die Geister von Amnas“ am Theater Oberhausen entstand im Rahmen der Partnerschaft mit dem siebenbürgischen Sibiu.
„Was ist das für eine Revolution, bei der alle abhauen“, klagt die junge Kristina im rumänischen Sibiu. Sie ist verzweifelt, denn ihr Mann Hans hat sie an Heiligabend 1989 verlassen, um die neue Freiheit unter freiem Himmel genießen zu können. Er wird nicht zurückkehren: Auf der Straße strecken ihn drei Kugeln nieder, im Krankenhaus lernt er in Gestalt der Krankenschwester Maria (Esther Hausmann) eine neue Frau fürs Leben kennen, weit weg von der alten Heimat - in Deutschland.
Man ist versucht, Lothar Kittsteins Stück „Die Geister von Amnas“ zunächst als reale Handlung zu begreifen. Doch schon die Einrichtung von Regisseur Bernhard Mikeska am Theater Oberhausen deutet in eine andere Richtung. Kopfhörer spielen dabei eine wichtige Rolle, über sie hört der Zuschauer hier neben dem gesprochenen Text immer wieder auch Einflüsterungen, die das Gesehene in Frage stellen. Und langsam wird klar, dass wir letztendlich dem Traum eines Sterbenden beiwohnen. Statt sein Leben im Schnelldurchlauf zu sehen, träumt Hans (Martin Hohner) sich in eine ferne Zukunft, in der er als gemachter Mann zurückkehrt nach Amnas, seinem Heimatort und dem von Gattin Kristina (Angela Falkenhahn). Der alte Hans (Hartmut Stanke) will hier investieren, sucht Arbeitskräfte, engagiert mit Hans jr. unerkannt seinen eigenen Sohn und muss mit ansehen, wie der sich ganz selbstverständlich an seine Frau heranmacht. Mit drei Kugeln streckt er ihn nieder, wodurch der Todeskreis sich schließt.
Aus drei kahlen Räumen nur besteht das Bühnenbild, an den Wänden sieht man noch die Schatten der Möbel. Durch sie hindurch hasten die Figuren auf der Jagd nach sich selbst. Eine wundersame Stimmung beherrscht diese Inszenierung, die im Rahmen einer Theaterpartnerschaft mit Sibiu in Siebenbürgen entstand. Bestimmte Ausdrücke („Irgendetwas tropft“) tauchen wiederholt als Signale eines Traumvorgangs auf; die offene Wunde in der Brust, sie kann man auch als Symbol für die Sehnsucht nach der Heimat begreifen. Die Kopfhörer jedenfalls und die dadurch möglichen Sprachebenen verleihen dem nur gut einstündigen Stück die Dimension von etwas Großem. Die drei Räume nebeneinander erinnern plötzlich an CinemaScope.