Essen. .
Die Langsamkeit und der Minimalismus der Choreographien sind das Markenzeichen von Philipp Gehmacher. Auf Pact Zollverein feierte der 36-jährige Salzburger jetzt die Deutschlandpremiere seines neuen Stücks.
Philipp Gehmacher gilt als der Kopflastige in der Neuen Tanz-Szene. Weniger als bewegungsfreudiger Choreograph denn als Performer minimalistischer Konzeptkunst hat sich der 36-jährige Salzburger durch Kreationen in Wien und London einen Namen gemacht. Dass das Zuschauen nicht unbedingt ein Vergnügen bereitet, sondern reichlich Geduld und Sitzfleisch erfordert, beweisen seine eigenwilligen Stücke, die jetzt erstmals Pact Zollverein in Essen zeigt.
In der ersten pausenlosen 90-Minuten-Performance „In their name“ („In ihrem Namen“) suchen zwei Männer und eine androgyn-knabenhafte Frau nach sicherem Halt in der ehemaligen Waschkaue. Kanthölzer, Pfosten und Stangen lehnen an der Wand, Latten liegen übereinander, gebürstete Stahlplatten bescheren gleißende Lichteffekte, ebenso ein Neonröhren-Gestell. Gefaltete Stoffbahnen liegen auf der Erde. Der Raum gleicht einem Provisorium, mehr noch einer Baustelle, die der Zuschauer zunächst durchschreitet, bevor er auf einer Vier-Stufen-Tribüne Platz nimmt. Dort sitzt man wie auf einem Felsen und lässt sich umspülen von Meeresrauschen, gedämpften Maschinengeräuschen, vereinzeltem Vogelgezwitscher und gedankenschweren, blutleeren Bewegungen.
Minutenlang fixiert sie das Publikum
Ungelenk und ängstlich sind die ausstreckenden Armbewegungen der Mannfrau: Ohne eine Wort zu sprechen, fixiert sie minutenlang das Publikum, fällt zu Boden, versucht mit Gliedmaßen den Raum zu ergreifen. Auch als ein Mann sich zu ihr gesellt, bricht sie weder das Schweigen noch verändern sich die knorrigen knöchernen Rumpf- und Armbeugen. Sie berühren sich: Er fängt sie auf, wenn sie stürzt. Dann verweben sich die Körper kurz, bis sie wortlos auseinandergehen.
Ängste machen die drei Solisten auf Gesichtern und in der Körpersprache sichtbar. Verhärmt, nüchtern, unsinnlich und überwiegend in sich gekehrt bleiben sie. Ihre Arme und Hände suchen zwar den anderen, werden aber schnell zurückgezogen. Die Langsamkeit und der Minimalismus der Bewegung strengen nicht nur an, sondern wirken angestrengt, manchmal gar pathetisch. Ähnlich wie die deprimierenden Texte von drei Männern, einem König und einem alten Mann, der auf dem Hügel steht und aufs Wasser schaut. So ernst die Frage nach dem Menschen und seinem Körper auch ist, so schwer und erdrückend wirkt Gehmachers Performance. Keine Spur von Selbst-Ironie, geschweige denn Heiterkeit oder Leichtigkeit.
Nächste Vorstellung: 2. April, 19.30 Uhr: Philipp Gehmacher; Video-Installationen und „Walk and Talk No. 9“, Pact Zollverein. TEL: 0201 289 4700