Düsseldorf.

Essen hat Kunst von Johan Thorn Prikker, Hagen und Mülheim auch. Trotzdem ist der niederländische Künstler, Hochschullehrer und Folkwang-Freund zuletzt in Vergessenheit geraten. Das Düsseldorfer Museum Kunstpalast hält nun mit einer großen Retrospektive dagegen.

Johan Thorn Prikker hat ein Arbeitsideal gehabt: Kunst zu kreieren, die für jeden zugänglich ist. Dieses Ideal wird bis heute eingelöst. Wer Arbeiten von Prikker se­hen will, braucht nur ein paar Kilometer zu fahren. Die Mülheimer Stadthalle und den Hauptbahnhof in Hagen zieren große Prikkerwerke.

Und doch ist der 1865 in Den Haag geborene Kunstarbeiter und Hochschullehrer, aufrechter Protestant mit Ka­tholizismus-Faible, niederländischer Monumentalkunst-Meister im Deutschen Werkbund, für den der Begriff Kunstgewerbe noch kein Schimpfwort war, ein wenig in Vergessenheit geraten. Mehr als 40 Jahre nach der letzten Retrospektive widmet ihm das Düsseldorfer Museum Kunstpalast nun eine Überblicksschau.

„Mit allen Regeln der Kunst. Vom Jugendstil zur Abstraktion“ ist ein facettenreiches Plädoyer gegen die Verengung, Prikker entweder nur als Meister der Glasfenster oder als Grenzgänger zwischen De­sign und Kunst zu zeigen. Mit 135 Werken von der Wandmalerei bis zum Teppich, vom Kirchenfenster bis zum Batikkissen will die Ausstellung Prikker in aller Vielfalt erfassen.

Sie konzentriert sich auf sechs Stationen seines Lebens. Beginnt in Den Haag, wo Prikker Ende des 19. Jahrhunderts mit ersten politischen Zeichnungen reüssiert, und endet in Köln und Düsseldorf, wo er unter anderem die Kirchenfenster von St. Kolumba gestaltet hat, heute Teil des Kölner Diözesanmuseums. Und auch den Kunstpalast hat er mit seinen lichtdurchwirkten Glasfenstern zur Kunst-Kathedrale gemacht.

Kunst von Johan Thorn Prikker im  Museum Kunstpalast Düsseldorf.
Kunst von Johan Thorn Prikker im Museum Kunstpalast Düsseldorf. © Museum Kunst Palast

Wie viele Künstler seiner Zeit zählt Prikker Anfang des 20. Jahrhunderts zu den Kreativen mit sozialen Utopien. Kunst soll in die gesamte Le­benswelt hineinspielen, der Künstler soll seinen Beitrag leisten zu einer besseren Gesellschaft. Es ist der an Rhein und Ruhr weit verbreitete Folkwang-Gedanke, der den Kunsterneuerer Prikker und den Hagener Museumsgründer Karl-Ernst Osthaus früh zusammenführt. Für Prikker, der in den Niederlanden mit seiner symbolistischen Malerei frühe Meriten gesammelt hat (die Schau zeigt einige schöne Frühwerke wie „Die Braut“ und „Madonna im Tulpenland“) bedeutet das vor allem die Entwicklung hin zur angewandten Kunst. Er be­ginnt mit dem Batiken, gründet eine Kunsthandlung und kreiert Lampen, Möbel oder zauberschöne Intarsienkästchen, von denen in Düsseldorf eine Auswahl zu sehen ist.

Malen mit Glas

Sein wichtigstes Sujet aber werden die Kirchenfenster, weshalb das Museum sogar eine kapellenartige Koje hat einbauen lassen. Hier lebt die Kunst vom wechselnden Einfall des Lichts und der Andacht des verdunkelten Raumes. Prikkers Devise heißt: Malen mit statt auf Glas. Das entspricht seiner Vorstellung vom modernen Umgang mit Material. Nichts soll sich unnatürlich biegen oder in übersteigerten Farben erscheinen. Prikkers erst stark an den Jugendstil angelehnte und zunehmend abstrahierte Ge­mälde und Mosaiken schimmern in gedämpfen Fresken-Ton. Sein monumentaler Wandmalerei-Entwurf „Ha­fen­arbeiter“ für das Rathaus Rotterdam, von der Jury da­mals als zu modern abgelehnt, legte später den Grundstein für die Sammlung moderner Kunst im dortigen Boijmans van Beu­ningen-Museum, mit dem die Schau gemeinsam realisiert wurde.