Dortmund. . Zwei unglücklich Verliebte aus verfeindeten Familien, das ist eine Geschichte, die nicht nur bei „Romeo und Julia“ berührt. Dortmund erzählt sie jetzt im Musiktheater. Christian Pades Inszenierung der Donizetti-Oper „Lucia di Lammermoor“ trumpft dabei vor allem mit einer starken Titelheldin auf .

Zwei unglücklich Verliebte aus verfeindeten Familien, das ist eine Geschichte, die nicht nur bei „Romeo und Julia“ berührt. Dortmund erzählt sie jetzt im Musiktheater. Christian Pades Inszenierung der Donizetti-Oper „Lucia di Lammermoor“ trumpft dabei vor allem mit einer starken Titelheldin auf .

Dass die Opern Gaetano Donizettis wahre vokale Kalorienbomben aus süßlichem Belcanto, aber auch Raum für psychologisch spannende Inszenierungen bieten, hat sich erst spät he­rumgesprochen. Pionierarbeit leistete etwa Christof Loy, dessen Deutung der „Lucia di Lammermoor“ derzeit nach zwölf Jahren in ungebrochener Frische im Duisburger Theater der Rheinoper zu sehen ist. Auch Christian Pade versuchte jetzt im Dortmunder Opernhaus, den Blick hinter den schönen Schein der bestrickenden Kantilenen zu riskieren.

Jugendliche Ausstrahlung und taufrische Stimme

Unabhängig vom szenischen Resultat: Der Erfolg der 1835 uraufgeführten Oper steht und fällt mit der Besetzung der Titelrolle. Und da bietet die junge Sopranistin Christina Rümann aus den eigenen Reihen des Dortmunder Ensembles ein Feuerwerk an vokaler Brillanz. Sie allein rückt mit ihrer jugendlichen Ausstrahlung und taufrischen Stimme die Dortmunder Neuproduktion aus dem Feld gediegenen Mittelmaßes. Er­le­sene Legato-Bögen, ge­schmei­dige, emotional erfüllte Koloraturen, mühelose Spitzentöne in zarten Piano-Gefilden: Das zeugt von einer grundsoliden Technik und einer eben fundierten Musikalität. Und das alles verkörpert sie glaubwürdig in geradezu jugendlicher Unschuld. Bis hin zum exzessiven Blutrausch und unaufdringlich ausgespielten Wahnsinn.

Dass sogar ihr beinharter Bruder Enrico nach ihrem Blutbad an dem aufgezwungenen Gatten Arturo mehr Mitleid mit ihr als mit dem zerfleischten Opfer empfindet, wird so verständlich. Einer Lucia, die so schön singt und ebenso schön aussieht, kann, ja muss man alles verzeihen.

Kein kostümiertes Arienkonzert

Mit dieser starken Besetzung ist auch die Inszenierung Christian Pades gerettet, der das Stück radikal vom schottischen Ambiente des Schauerdramas von Walter Scott befreit und konsequent auf die Seelenqualen der Titelheldin zuschneidet. Die Kostüme erinnern an die Kampfanzüge der italienischen Freiheitskämpfer im Risorgimento. Eine letztlich ebenso austauschbare Lösung wie die kreisenden Mauerwände von Bühnen- und Kostümbildner Alexander Lintl, die die Protagonisten immer wieder zu zermalmen drohen.

Insgesamt erreicht Pade in der Personenführung nicht ganz die Feinarbeit, mit der Loy das

Christian Pade ist der Regisseur für die Oper „Lucia di Lammermoor“. Foto: Franz Luthe
Christian Pade ist der Regisseur für die Oper „Lucia di Lammermoor“. Foto: Franz Luthe © WR/Franz Luthe

Beziehungsgeflecht der Dreiecksgeschichte ausleuchtet. Dafür verfällt Pade zu oft in das Repertoire altbacken gestikulierender Pathetik. Dennoch hat auch er mehr zu bieten als ein kostümiertes Arienkonzert.

Das Ensemble hat es nicht leicht, aus dem Schatten der überragenden Titelheldin herauszutreten. Dass die Sänger dem Publikum den letzten Rest an vokaler Erfüllung schuldig bleiben, liegt nicht zuletzt an der nicht immer biegsamen musikalischen Leitung von Motonori Kobayashi. Der Kapellmeister verfällt in den Rezitativen in einen zu pathetisch steifen Tonfall und lässt den Sängern in den weitgeschwungenen Kantilenen nicht immer genügend Freiraum, um ihre Stimmen voll entfalten zu können.

Dennoch insgesamt eine Donizetti-Produktion mit mehr Licht als Schatten. Begeisterter bis stürmischer Beifall für das musikalische, durchwachsene Reaktionen auf das szenische Team.