Essen. . Ernst gemeinte Castingshow oder Selbstparodie? Die sechste Staffel von Germany’s Next Topmodel schwankt mehr denn je zwischen diesen Polen – und ist weder wirklich spannend noch wirklich komisch.
Mit „Germany’s Next Topmodel“ verhält es sich ein bisschen wie mit Actionfilmen. Irgendwann landen sie alle bei der Selbstparodie. Der Unterschied besteht nur darin, dass Stallone, Willis oder Lundgren mit den Klischees ihrer Arbeit absichtlich spielen, während Klum und Co. noch nicht ganz zu wissen scheinen, ob sie jetzt ganz auf Satire setzen oder einen Anschein von Restrealität bewahren sollen.
Vielleicht liegt es auch an der Modebranche und ihrem Personal. Beispiel: Thomas Rath. Mit seiner Vorliebe für bunte Streifen-Karo-Punkt-Kombinationen wirkt der neue Juror bei Germany’s Next Topmodel, als hätte er beim Karnevalsausstatter nach der Verkleidung „exzentrischer Modezar“ verlangt. Wo in diesem Fall die Grenze zwischen gelebtem Klischee und Selbstkarikatur liegt, wer wüsste es schon?
„Mit der attitude kommst Du hier nicht weiter“
Sein (ebenfalls neuer) Kompagnon Thomas Hayo gibt sich zwar etwas dezenter, liefert dafür im Minutentakt Stilblüten aus dem Modesprech: „Mit der attitude kommst Du hier nicht weiter“, „Ich seh da nicht so’n easy match“, „Die Frau ist ein established performer“ etc. Schließlich wäre da noch Laufsteg-Trainer Jorge Gonzalez, die vielleicht größte Casting-Leistung der ganzen Sendung – zumindest, wenn man in Rechnung stellt, dass High-Heels tragende Winnetou-Männer mit bizarren Akzenten nicht auf Bäumen wachsen.
Inzwischen scheinen auch die Kandidatinnen bemerkt zu haben, dass sie am besten weiterkommen, wenn sie einen bestimmten Drehbuchtyp verkörpern. Da wäre zum Beispiel Nachwuchsmodel Joanna in der Rolle der verzogenen Göre („Ich bin eine Frau mit Köpfchen“, „Mehr Models, die baden gehen, bedeuten weniger Konkurrenz für mich.“). Oder „Biker-Braut“ Tahnee, die dem Publikum mit einer Helm-ab-und-Mähne-schütteln-Sequenz vorgestellt wird, die seit Erfindung des D&W-Katalogs zum Repertoire der unerklärlichen Männerphantasien zählt.
Burlesk als Unterwassergymnastik
Etwas origineller ist Nachwuchsmodel Marie-Luise. Als großes Vorbild gibt sie Burlesk-Ikone Dita von Teese an. „Das hättest du besser nicht erwähnt,“ sagt Klum und bittet die Kandidatin, sich doch mal zu räkeln auf dem Bühnensofa. Was folgt, sieht ein bisschen nach Unterwassergymnasik aus und liefert einen der wenigen wirklich lustigen Momente in dieser Sendung. Eher unheimlich fällt dagegen der Auftritt von Kesha aus. Die amerikanische Popsängerin scheint sich über Nacht in Donatella Versace verwandelt zu haben, obwohl sie (Kesha) geschätzte 40 Jahre jünger ist. Beim Konzert tritt sie zusammen mit Klums Models als Hintergrundtänzerinnen auf.
Am Ende schleicht sich dann eine ernste Note ein. Kandidatin Melek muss die Sendung abbrechen. Bei ihr ist Lymphdrüsenkrebs entdeckt worden. Auf eigenen Wunsch spricht sie vor der Kamera darüber. Für ein paar Minuten wird es still in dieser sonst so schrillen Show. Klum, Hayo und Rath nehmen sich Zeit und wünschen Melek eine schnelle Genesung. Es ist einer der wenigen echten Momente in dieser Sendung.
Gestern waren es noch 50 Kandidatinnen. Wer ist die Schönste? Stimmt ab in unserem Voting:
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