Köln. . Ausgerechnet in weltpolitisch dramatischer Zeit zieht „RTL aktuell“ quotentechnisch immer öfter an der „Tagesschau“ vorbei. Werbung bei den RTL News ist für Chefredakteur Peter Kloeppel dennoch undenkbar.

“RTL aktuell“ zieht beim Gesamtpublikum an der „Tagesschau“ vorbei. Allein in diesem Jahr zehn Mal. Das war noch vor zwei Jahren undenkbar. Jürgen Overkott sprach mit RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel.

Auslandsberichterstattung wird oft sorgsam versteckt, weil es heißt, niemand interessiert sich dafür. Und jetzt werden Quoten-Rekorde vermeldet. Haben Sie eine Ahnung, warum?

Peter Kloeppel: Wir beobachten eine Entwicklung, die sich über Monate erstreckt und die mit den Demonstrationen in Tunesien angefangen hat. Das ist ein Land, in dem viele Deutsche Urlaub machen, aber auch ein Land, von dem viele Deutsche eine nur unvollständige Vorstellung haben. In Libyen kommt dazu, dass der Staatschef einer der Urheber des internationalen Terrorismus’ ist. Die Bürger beobachten das schon deswegen sehr interessiert, weil das Land nicht sehr weit von uns entfernt ist. Die Veränderungen können Auswirkungen auch auf Europa haben, beispielsweise durch beginnende Flüchtlingsströme. Und noch etwas: Vielen Bürgern kommen die Vorgänge in Libyen bekannt vor, weil Menschen auf die Straße gehen, die in Unfreiheit gelebt haben, Menschen, die sich ihre Freiheit mit modernen Kommunikationsmitteln erkämpfen.

Bringen uns die digitalen Möglichkeiten, sich auszutauschen, die Ereignisse in Nordafrika näher?

Kloeppel: Bereits in Tunesien, aber auch in Ägypten haben Tausende von Bürgern die Ereignisse mit ihren Mobiltelefonen gefilmt, weitergeschickt oder ins Internet hochgeladen. Dadurch haben sie ein ganz aktuelles Bild ihres Landes für uns bereitgestellt. Die Menschen haben aber auch den Informationsfluss in ihren Ländern verändert, in dem sie Menschen erreicht haben, die sonst von den Ereignissen längst nicht so schnell erfahren hätten. Die neuen Informationstechnologien haben die Revolutionen in Nordafrika zu einem guten Stück überhaupt erst möglich gemacht.

Treiben sie die Demokratie voran?

Kloeppel: ...sicherlich im Sinne eines freien Meinungsaustauschs, der ein wesentliches Element der Demokratie ist.

Wird Auslandsberichterstattung für uns erst interessant, wenn die Ereignisse ein Bedrohungsgefühl auslösen?

Kloeppel: Nein, gar nicht. Wir haben in den letzten Jahren unser Netz an Auslandskorrespondenten ausgebaut, weil wir bei unseren Zuschauern ein großes Interesse an dieser Berichterstattung festgestellt haben, unabhängig von akuten Bedrohungslagen. Die Menschen sind mobiler als früher, und wir haben die Möglichkeit, aus Ländern zu berichten, die uns früher verschlossen waren, und zwar, ohne dass hinter jedem Reporter ein Aufseher steht. Und die Menschen wissen, dass Ereignisse im Ausland durchaus Auswirkungen auf unser Leben haben können.

Nun ist RTL ein werbefinanzierter Sender. Kann er mit Nachrichten Geld verdienen?

Kloeppel: Ob Sie es glauben oder nicht, das ist für uns nicht immer die allererste Frage. Wir sind ein Vollprogramm, dazu gehören die Unterhaltung, der Sport, und eben auch die Information. Das ist jedenfalls, übrigens seit vielen Jahren, unser Selbstverständnis..

Noch einmal: „RTL aktuell“ gehört zu den erfolgreichsten Abend-Nachrichten des deutschen Fernsehens. Gibt es keine Werbekunden, die deswegen bei Ihnen werben wollen?

Kloeppel: Sicher finden Werbekunden das Umfeld der Nachrichten interessant, aber Sie wissen, dass unsere Nachrichten nicht durch Werbung unterbrochen werden. Wir wollen auch Werbekunden gar nicht so weit heranlassen, dass der Eindruck einer wie auch immer gearteten Beeinflussung entsteht.

Bei CNN werden Sendungen oft durch Eilmeldungen unterbrochen, den „Breaking News“. Ist das auch eine Option für RTL?

Kloeppel: Das machen wir schon. Aber es müssen immer Ereignisse sein, von denen wir sagen, dass sie eine Unterbrechung rechtfertigen. Bei Mubarak, beispielsweise, haben wir das getan...

...offenbar mit Erfolg. In den letzten Wochen hat „RTL aktuell“ selbst beim Gesamtpublikum nicht nur „heute“ im ZDF, sondern sogar immer mal wieder die „Tagesschau“ im Ersten überholt. War der Angriff auf die Öffentlich-Rechtlichen geplant?

Kloeppel: Dieser Erfolg ist das Ergebnis einer langjährigen Arbeit mit einer hoch qualifizierten Redaktion und hoch qualifizierten Korrespondenten wie beispielsweise Antonia Rados. Vor zwei drei Jahren hätte es das sicher nicht gegeben. Wir bekennen uns zu unserer Verantwortung und investieren in die Redaktion. Ich bin überzeugt davon, dass wir damit auf Dauer Erfolg haben werden.