Düsseldorf. . Martin Schläpfer hatte mit seinem genialen Wurf „Forellenquintett“ im Herbst 2010 die Latte so hoch gelegt, dass es kaum möglich war, dieses Spitzen-Niveau erneut zu erreichen.
Das Skelett eines Dinosauriers schwebt über der Rheinopern-Bühne. Die Wirbelsäulenknochen sind ersetzt durch ausgehöhlte PC-Monitore, die plötzlich zu leuchten beginnen und die eben noch erstarrten Tänzer zu Leben erwecken. Gehören sie zu einer neuen Spezies Mensch, die eben auf der Erde gelandet sind? Oder waren sie zeitweise eingefroren und tauen langsam wieder auf? Bereits mit dem Titel „Frozen Echo“ gibt Regina van Berkel Rätsel auf. Die flutenden Tableaus der Niederländerin zur Musik von Theo Verbey und die Installation von Dietmar Janeck vereinen sich zu der sicherlich aufregendsten und innovativsten Arbeit des neuen dreiteiligen Ballettabends „b.07“, der bei der Premiere in der Düsseldorfer Rheinoper stürmisch gefeiert wurde.
In Zeitlupen-Tempo rollen und knäueln sich die Akrobaten, bilden Körpertürme, verdrehen ihre Gliedmaßen. In Trance oder Traum in weichen Bewegungen. Kantig, kraftvoll und rhythmisch, wenn sie wach sind. Dann tragen sie Frauen in weißen Gewändern auf ihren Schultern – Hohepriesterinnen, die ihnen den Weg in eine neue Welt weisen. Ob es auch eine bessere ist, lässt van Berkel in ihrer sinnlich schwelenden Choreografie offen.
„b.07“: Die Sieben wurde für Ballettchef Martin Schläpfer nicht zur Glückszahl. Erstmals in seiner Ära schlichen sich in den kultischen Jubel am Ende einzelne Buh-Rufer ein. Was war geschehen, neben Nervositäten, Ungenauigkeiten und Tänzer-Fehlern im ersten Satz der dritten Symphonie von Schumann? Schläpfer präsentierte seine neue Kreation „Schumann Tänze“. Und er hatte mit seinem genialen Wurf „Forellenquintett“ im Herbst 2010 die Latte so hoch gelegt, dass es kaum möglich war, dieses Spitzen-Niveau erneut zu erreichen.
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Clara Schumann
mit Kindern
Zwar betören die dahinfließenden Passagen, die gleitenden Pas-de-deux und die ausgeprägte Adagio-Kultur in diesem symphonischen Ballett auf leerer Bühne. Aber die biografischen Einsprengsel aus dem Familienleben des einstigen Düsseldorfer Musikdirektors Schumann, der sich in der Nähe des Opernhauses in den Rhein stürzte, irritieren und wirken aufgesetzt. Besonders, wenn in die Schar der Athleten in eisblauen Trikots plötzlich Mutter Clara Schumann eindringt, ihre fünf Kinder an der Hand, alle mit Hauben und langen Kleidern, wie auf einem Biedermeier-Gemälde. Na ja.
Schläpfer geht es nicht um reinen Tanz, er erzählt eine Geschichte. Er erfindet keine, was in den vorangegangen Abenden seine Stärke war, sondern er beleuchtet das überlieferte Dreiecksverhältnis zwischen dem reifen Robert, Clara und dem jungen Brahms. Spannung erzeugt Schläpfer, indem er Clara in drei Charaktere auffächert: zunächst die milde, zärtliche, die sich in elegantem neoklassischem Spitzentanz übt, dann die wilde und zupackende Frau, die sich aus enger Umarmung befreien will. Abseits steht eine dritte, die wie ein Engel den Gatten beschützt. Choreografisch, szenisch und tänzerisch bringen Schläpfer und seine Tänzer das auf den Punkt. Immerhin.