Mit deutschsprachigem Liedgut der 20er und 30er Jahre wurde er zum Star, nun hat Max Raabe mit "Küssen kann man nicht alleine" erstmals ein Pop-Album voller Eigenkompositionen aufgenommen. Vor dem Start seiner Tournee trafen wir Max Raabe in einem Kölner Hotel.

Herr Raabe, Ihre neuen Songs sind im gewohnten Stil arrangiert, aber sie haben diesmal moderne Inhalte. War das für Sie ein mutiger Schritt?

Raabe: Nein, gar nicht. Ich bin ja nicht direkt umgesattelt, nur weil ich jetzt mal Pop mache. Man kann ja auch nicht den ganzen Tag Vollkornbrot essen, manchmal braucht man Torte – und umgekehrt.

Wie kamen Sie auf Annette Humpe? Raabe: Ich dachte mir, wenn ich weiterkommen will, muss ich eine zeitgemäßere Form finden. Aber ich wollte das, was ich an meinem Repertoire der 20er und 30er Jahre liebe, beibehalten. Da bin ich als Komponist oder Melodienausdenker aber an meine Grenzen geraten und habe Annette Humpe angerufen.Und wie lief das erste Treffen ab?

Raabe: Es ging Schlag auf Schlag. Wir schrieben die Zeile „Küssen kann man nur zu zweit“ auf. Und ich sagte: „Ich wär’ dazu bereit“. Dann haben wir gelacht und ich habe gemerkt, mit so einem Quatsch kann man auch einfach durch die Tür kommen.

Allein wäre Ihnen das zu einfach gewesen?

Raabe: Ich hätte Skrupel ge­habt.

Spaß im Pop ist sowieso ein schwieriges Thema in der deutschen Musik, oder?

Raabe: Doch, es gibt deutsche Musik, die Humor hat, sie ist nur versteckt. Das Problem ist, dass im Radio so wenig deutscher Pop gespielt wird. Deswegen meint man, es gibt hierzulande nichts Anständiges mehr. Die Sender haben Angst, von der amerikanischen Schiene zu weichen und ihr Profil und damit die ganze Hörerschaft zu verlieren.

Wer sind Ihre Favoriten?

Raabe: Ich finde Peter Fox oder die Hamburger Bands Tomte und Kettcar wunderbar.

Wieso bewegen Sie sich eigentlich so wenig auf der Bühne? Sie zeigen keinerlei Emotionen – und wenn das Orchester spielt, treten sie zurück und warten höflich, bis Sie wieder an der Reihe sind.

Raabe: Ich habe mir das vorher nicht groß überlegt. Ich habe mich normal verhalten, es entspricht einfach meiner Natur.

Sie haben fast ein Jahr Tournee vor sich. Auch wenn statt E-Gitarren Klarinetten ein- und ausgeladen werden – mit einem Haufen Jungs um die halbe Welt zu fahren, ist auch Rock’n’Roll. Geht es im Tourbus ein bisschen so zu wie bei einer Rockband?

Raabe: Ja schon, aber ich würde sagen, eher Klassenfahrt als Rock’n’Roll. Es ist mal lustig, mal geraten wir aneinander, dann vertragen wir uns wieder.

Sie haben sogar die Carnegie Hall in New York ausverkauft. War ein solcher Erfolg Ihr Ziel, als Sie mit 21 nach Berlin gingen, um Musik zu studieren?

Raabe: Nein, es ist ja alles ganz langsam passiert. Während des Studiums haben wir auf Hochzeiten und so gespielt, um uns das Studium zu finanzieren. Dann kamen die ersten Auftrittsangebote. 1992 habe ich „Kein Schwein ruft mich an“ geschrieben. Damit sind wir über die Grenzen Berlins bekannt geworden. Dann wurden wir in Shows eingeladen, traten in Filmen auf, wurden in großen Hallen gebucht.

Sie haben 2005 auf der Hochzeit von Schockrocker Marilyn Manson gespielt. Beschreiben Sie doch bitte einmal die Szenerie!

Raabe: Schräg. Ein bisschen Halloween für Erwachsene. Sehr lustige, sensible Paradiesvögel, scheue Typen, die da in diesem englischen Schloss gefeiert haben. Manson ist ein warmherziger Mensch und sehr klug. Mit dieser grimmigen Musik hat er sich ja nur einen Stachel zugelegt.

Wie ist Ihre Musik auf dem Gruselschloss angekommen?

Raabe: Gut. Erst haben die uns zugehört, dann wurde gefeiert. Danach haben wir noch mal gespielt und alle haben getanzt. Wir wussten erst  gar nicht, warum wir eingeladen waren – vielleicht als rituelles Opfer? Aber letztlich waren alle sehr nett. Manson ist wirklich ein Fan von uns.

Max Raabe live: 5./6.3. Essen (Colosseum), 15.3. Wuppertal (Stadthalle), 16./17.3. Düsseldorf (ausverkauft), 18./19.5. Dortmund (Konzerth.), 24.11. Münster (Halle Münsterl.)Karten für ca. 23-68 € gibt’s in unserem TICKET-SHOP unter 01805/280123 oder www.DerWesten.de/tickets