Berlin. Der Schauspieler brilliert einmal mehr: diesmals als optimaler Begleiter, der immer nur Oberfläche bietet und sich dabei verliert.

Sie brauchen einen gebildeten Begleiter, der mit Ihnen ins Theater geht? Und danach auch beim Diskurs mit Intellektuellen brilliert? Sie wollen zu Ihrem runden Geburtstag einen perfekten Sohn präsentieren, obwohl Sie gar keinen haben? Oder brauchen jemand, der Sie coacht, um sich von ihrem despotischen Gatten zu trennen? Dafür gibt es Matthias (Albrecht Schuch). Buchbar über eine Agentur mit dem alles sagenden Titel „Companion“.

Existenzielle Fragen eines idealen Begleiters: Bin ich eigentlich echt?

Ein Mann für gewisse Stunden – das klingt ein bisschen nach Richard Gere und dem Film, der ihn berühmt machte. Aber Gere war damals doch ganz klar das, was man heute euphemistisch Escort Service nennt. Der Matthias dieses Films ist dagegen ein Mann für alle Fälle. Nur nicht für Sex. Gepflegt und seriös soll es schon sein.

Der Job ist unverschämt rentabel. Nur färbt er leider aufs Privatleben ab. Immer die perfekte Oberfläche bieten – da wird man irgendwann zur Teflon-Pfanne, an der nichts haften bleibt. Irgendwann weiß die eigene Freundin Sophia (Julia Franz Richter) nicht mehr, wer Matthias eigentlich ist. Erst fordert sie ihn noch heraus, mit einem übergroßen, bedrohlich hechelnden Hund. Dann packt sie die Koffer. Und Matthias bleibt allein zurück.

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Alles Fassade. Und erst man will er die Fassade auch aufrecht erhalten: dass ihm das nichts ausmacht, das alles gut ist. Und doch muss er in seinem leeren Luxusdomizil die eigene Leere erkennen. Und stellt sich existenzielle Fragen. Wer bin ich eigentlich? Und bin ich überhaupt noch echt?

Running Gags im Film: Ein eitler Pfau und eine brummende Gastherme

Immer wieder stakst ein Pfau durch diesen Film. Ist natürlich kein Zufall, sondern eine Metapher. Pfauen sind nur dazu da, um schön zu sein, und machen sonst nur komische Geräusche. Wie aber steht es um den Profi-Companion? Ist auch er nur einer, der sich ständig aufplustert? Ganz mit sich allein, rutscht der perfekte Bilderbuch-Mann in eine dicke Sinnkrise.

Er hat alles erreicht. Aber plötzlich entgleitet ihm alles. Dann brummt auch noch die Gastherme im Keller, was nicht zu reparieren ist. Ein Gruß aus dem Unterbewusstsein. Und schließlich steht noch der Gatte jener Frau vor der Tür, die dank Matthias den Mut gefunden hat, sich von ihm zu trennen. Der Gatte aber will seine Frau zurück. Und droht Matthias andernfalls mit Gewalt und Gewehr. Neben der Sinnkrise befällt Matthias nun auch noch Paranoia. Und schlust darob im Job.

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„Pfau - Bin ich echt?“ ist eine feine, schwarzhumorige Satire über einen Mann ohne Eigenschaften. Eine leise Komödie mit Tiefgang, die auch viel über Selbstoptimierung erzählt, wie wir alle in der Gesellschaft bestehen und uns „verkaufe“ wollen. Und wie weit wir ihn uns dafür verbiegen lassen.

Schuch erzählt mit dieser Farce auch was übers eigene Schauspiel-Metier

Der ideale Companion wird gespielt von Albrecht Schuch, der im deutschen Film seit Jahren auch sowas wie der Mann für alle Fälle ist, vor allem der Mann für die komplexen Rollen. Ob beim NSU-Film „Mitten in Deutschland: Die Täter“, bei der Literaturverfilmung „Berlin Alexanderplatz“ oder dem Kriegsfilm „Im Westen nichts Neues“. Schuch bekam sie alle: die Rollen, nach denen sich Deutschlands Schauspielelite die Finger leckte.

Nun aber wurde ausgerechnet eine eher kleine Produktion aus Österreich, noch dazu ein Regiedebüt, zu seiner größten Herausforderung: Denn wie spielt man so jemanden, der nur Oberfläche ist, hinter dem nichts ist? Aber wo doch mal was gewesen sein muss? Schuch meistert auch das mit Bravour. Mit einer immer leicht verdrucksten Körperhaltung. Schuch reflektiert damit auch ein bisschen das eigene Metier des Schauspielers, das Eintauchen in immer neue Rollen, und die Leere, die man dazwischen fühlt.

Premiere zu
Selbstbespiegelung eines Stars: Schuch bei der PRemiere von „Pfau“ auf den Filmfestspielen von Venedig 2024. © picture alliance / Starpix / picturedesk.com | Starpix

Schuch ist das größte Ass in diesem Regiedebüt. Aber völlig erstaunlich ist, wie selbst- und stilsicher der erst 32-jährige Bernhard Wenger diese Geschichte recherchiert, aufgeschrieben und dann auch inszeniert hat. Mit genau der richtigen Mischung aus Ironie und Tragik, die den Zuschauer weit übers erste Amüsement hinaus zum Nachdenken bringt. Über die Maskenhaftigkeit in unserer nicht zuletzt auch durch die sozialen Medien veräußerlichten Existenzen.

Am Ende will dieser Matthias raus aus seiner Maskenhaftigkeit. Will wieder echt und er selbst sein. Was dann aber als Performance, als Kunstaktion missverstanden wird. Die schwärzest-mögliche Pointe dieser kohlrabenschwarzen Farce.

Satire, Österreich 2025, 102 min., von Bernhard Wenger, mit Albrecht Schuch, Julia Franz Richter, Maria Hofstätter, Anton Noor