In der Region. Im Ruhrgebiet können Frostbeulen dem Winter in Tropenhäusern entfliehen. Das gibt es für Familien bei 20 Grad in der Gruga zu entdecken.

Ein Blick auf die Temperaturanzeige im Auto: minus zwei Grad. Brrr. Entlang der Straße liegen überall noch kleine Schneehügel und auch die Pfützen ziert eine dünne Eisschicht. Während unsereins dankbar über den Zwiebellook ist, trägt Aljoscha Karwatzki unter seiner Arbeitsjacke schlichtweg ein T-Shirt. Kein Wunder, an seinem Arbeitsplatz fällt die Temperatur selten unter 20 Grad. „Hier drin herrscht immer T-Shirt-Wetter – das ist gefährlich. Wenn man mal raus muss wird man schnell krank“, sagt er und lächelt.

Mit „hier drin“ meint Karwatzki das große Tropenhaus im Grugapark. Während die meisten anderen Pflänzchen in Essens grüner Lunge ihre Blätter abgeworfen haben und die Köpfe hängen lassen, ist unter dem hellen Foliendach alles gut in Schuss. So gut, dass einige der Exoten sogar erste Früchte tragen. „Es ist eine Präsentation von Nutzpflanzen – manche dienen als Medizin, andere als Lebensmittel oder Baumaterial“, erklärt der Landschaftsgärtner.

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Der „Baum der Reisenden“ zieht schnell die Blicke der Besucher auf sich. Kein Wunder: Seine fächerartigen Blätter sind locker über zwei Meter lang. Die Besonderheit schlummert aber in den Stämmen. Sie können bis zu fünf Liter Wasser speichern und dienten somit Seefahrern auf Reisen als lebensrettende Frischwasser Quelle. Auf der anderen Seite der Brücke hängt eine Bananenpflanze voller Früchte. Reif sind sie aber noch lange nicht. Im Wasserbecken daneben liegen Bambusrohre. „Sie trocknen im Wasser“, sagt Karwatzki und lacht, weil es so absurd klingt, „so trocknen sie langsamer und reißen nicht.“

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Landschaftsgärtner Aljoscha Karwatzki fütterte die Straußenwachteln im Tropenhaus. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Hand aufs Herz, wer hat schon mal jemanden mit Zornesfalten auf der Stirn dahin geschickt, wo der Pfeffer wächst?! Weit müssen die Verteufelten in Essen jedenfalls nicht gehen. Hier wächst der Pfeffer im Tropenhaus auf der Pandanuss. Denn: Pfeffer ist eine Kletterpflanze, die sich an anderen Gewächsen in die Höhe schraubt. An ihr hängen, wie kleine Perlenketten, die Pfefferkörner. „Wir kennen drei Pfefferfarben. Sie stammen alle von einer Pflanze. Grüner Pfeffer ist noch nicht reif, schwarzer schon und weiß werden die Körner nach dem Schälen.“

Das sind die putzigen Bewohner der Tropenhauses

Während Aljoscha Karwatzki, mit dem Blick gen Pyramidendach gerichtet, von den zahlreichen Pflanzen erzählt, wird er ganz genau beobachtet. Nicht nur von einem Paar Augen. Plötzlich raschelt es im dichten Blätterdschungel und eine schwarze Kugel huscht im Affenzahn über den Weg. Es folgt noch eine und noch eine. „Das sind unsere Straußenwachteln. Die haben Hunger, weil wir sie eigentlich immer zuerst morgens füttern“, weiß der Experte und stellt endlich die flache Schale voller Köstlichkeiten an ihren Stammplatz. Schwupps, schon picken eine ganze Schar erwachsene Wachteln und zwei Küken mit einem aufgeregten Quietschen im Futter herum. „Die Geräusche, die man hier hört, kommen nicht vom Band. Zum Glück – in manch anderen Häusern ist das so. Irgendwann wird man da als Mitarbeiter wahnsinnig, weil sie das ja ständig wiederholt“, so der Experte lachend.

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Die Straußenwachteln beleben das Tropenhaus in der Essener Gruga mit ihrem Quietschen. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Es sind nicht die einzigen Bewohner im Tropenhaus. „Wir haben auch australische Marienkäfer, die die Schädlinge fressen – ebenso wie die Wachteln,“ erklärt Karwatzki, „die Marienkäfer schnappen sich die Blattläuse. 100 wird einer von ihnen wohl am Tag schaffen.“ Allerdings sind die Marienkäfer genauso schweigsame Bewohner wie die Pfeilgiftfrösche im Bergnebelwaldhaus ein paar Türen weiter. Das Tropenhaus ist nämlich nicht das einzige Pflanzenschauhaus in der Gruga, sondern gehört zu einem Rundweg. Allerdings ist es in den anderen zwei transparenten Pyramiden ein bisschen kühler – spannend sind sie aber allemal.

Vorsicht Verletzungsgefahr: Hier sollten Besucher ihre Finger von den Pflanzen lassen

Während im Tropenhaus die Luftfeuchtigkeit nach einer Weile ihren Tribut von den Besuchern fordert und zarte Schweißperlen auf die eine oder andere Stirn zaubert, lässt die staubtrockene Luft im Sukkulenten- und Kakteenhaus eine Tür weiter die Härchen in der Nase britzeln. Der Duft von feuchter Erde und Blättern weicht einem herberen Aroma. Mehr noch als in allen anderen Häusern gilt hier Anfassen verboten.

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Eindrucksvoll ist die Kulisse im Sukkulenten- und Kakteen-Haus. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Besucher und Besucherinnen, die sich dennoch nicht beherrschen können, bezahlen einen schmerzhaften Preis für die Neugier. „Wir wurden schon nach Pinzetten gefragt, um die Stacheln heraus zu ziehen“, erinnert sich der Landschaftsgärtner. Doch es trifft nicht nur Gäste: „Hier macht es auch für uns keinen Spaß, das Unkraut zwischen den Pflanzen rausziehen zu müssen.“ Viele der Kakteen haben Zentimeter lange Stacheln, die schon von weitem ein ungutes Gefühl in der Magengrube auslösen und problemlos durch Arbeitskleidung dringen. Aber einige von ihnen sind auch von ganz feinen Haaren überzogen, die sich in der Haut festsetzen und mit bloßen Auge nicht zu erkennen sind.

Bergnebelwald: Frösche leben in den Bromelien

Eine Tür weiter geht es weniger gefährlich zu. Der Bergnebelwald ist das Reich der Farne, Moose und Bromelien. „Hier stehen Baumfarne, die es schon zur Dinozeit gegeben hat.“ Unter dem abgedunkelten Pyramidendach soll ein Hochwald simuliert werden, der dauerhaft von einem Nebelschleier umgeben ist und in dem es üppig regnet. Mit einem leisen Plopp fallen immer wieder Tropfen von der Decke oder den hängenden Pflanzen auf die Wege. In den Blätterkelchen der Bromelien sammelt sich das Wasser und bildet Mikroteiche.. „Darin laichen die Pfeilgiftfrösche. Das reicht völlig für sie aus. Manche Frösche leben ihr ganzes Leben nur auf einer Bromelie“, weiß Aljoscha Karwatzki.

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Die Tillandsien haben mittlerweile auch das Schild im „Bergnebelwald“ erobert. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Und während die Besucherinnen und Besucher noch über das schlichte Leben der genügsamen Pfeilgiftfrösche nachdenken, stehen sie auch schon wieder im Foyer des Schauhauskomplexes, in dessen Mitte ein Bonsaigarten wieder auf die ersten wärmenden Tage wartet. Nicht nur die von Aljoscha Karwatzk gepflegten Bonsai haben an diesem frostigen Wintertag anscheinend Sehnsucht nach ein bisschen Wärme. Einige Besucher haben bereits morgens den Weg ins Tropenhaus gefunden, stellen ihre Klappstühle auf und lesen, umgeben vom leisen Quietschen der Wachteln, ein Buch. So lässt sich der Winter aushalten.

Zeiten und Preise

  • Grugapark, Virchowstraße 167a, Essen
  • Öffnungszeiten: Ganzjährig von 7.30 Uhr bis Sonnenuntergang; Kassenzeiten derzeit 9-16 Uhr; Pflanzenschauhäuser ab 9 Uhr
  • Tageskarte Winter Erwachsene 2,50 €, Kinder und Jugendliche (6-15 J.) 1 € gibt es hier

Hier gibt es weitere Tropenhäuser in der Region:

Botanischer Garten Ruhr-Uni Bochum:
Im Tropenhaus begegnen Besucher exotischen Pflanzen der tropischen Regenwälder Amerikas, Afrikas, und Asiens. Außerdem gibt es ein Wüstenhaus, ein Australien-Haus und ein Südafrika-Haus.

  • Botanischer Garten, Universitätsstraße 150, Bochum.
  • Öffnungszeiten Winter: 1.11.-31.3., Schauhäuser 9-15.30 Uhr, Eintritt frei.

Schmetterlingshaus im Maxi-Park Hamm:

Bis zu 80 verschiedene Schmetterlingsarten und – unterarten aus den tropischen Regionen von Süd- und Mittelamerika, Afrika, Asien und Australien leben im Laufe einer Saison im größten tropischen Schmetterlingshaus in NRW.

  • Maxi-Park, Alter Grenzweg 2, Hamm.
  • Das Schmetterlingshaus öffnet im März seine Türen, Erwachsene 3 €, Kinder (3-17 J.) 2 €; Parkeintritt Erw. 5 €, Ki 4-17 J. 3 €

Botanischer Garten Rombergpark Dortmund:

Im Rombergpark gibt es vier Pflanzenschauhäuser: Ein Kakteen- und Sukkulentenhaus, ein Farnhaus, ein Tropenhaus und ein Tasmanienhaus.

  • Botanischer Garten Rombergpark, Am Rombergpark, Dortmund
  • Öffnungszeiten Schauhäuser: Winter (1. Oktober bis 31. März) sa+so, feiertags 10-16 Uhr
  • Eintritt ab 6 Jahren 3 €