Los Angeles. Ein Siegesdrama, das sieben Jahre brauchte, zwei fulminante Comebacks und viele Reden, nicht aufzugeben: Das waren die Golden Globes.

War das so etwas wie das letzte Aufbäumen des aufrechten, demokratischen, liberalen Hollywood kurz vor der zweiten US-Präsidentschaft von Donald Trump? Bei der 82. Golden Globe-Verleihung am Sonntagabend im Beverly Hilton Hotel in Beverly Hills jedenfalls waren es Filme über Auswanderer und Trans-Personen, die triumphierten. Wobei auch entsprechend emotionale Dankesreden gehalten wurden.

Der große Sieger des Abends war „The Brutalist“ von Brady Corbet: Ein dreieinhalbstündiges Drama über einen jüdischen Bauhaus-Architekten aus Ungarn, der den Holocaust überlebt hat und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die USA auswandert, um den „amerikanischen Traum“ zu verwirklichen – wofür ihm aber viele Hindernisse in den Weg gelegt werden. Sieben Jahre brauchte Regisseur Corbet, um diesen Film realisieren zu können. Und er habe dabei gegen viele Widerstände kämpfen müssen, wie er nun sagte.

„The Brutalist“ und „Emilia Pérez“ sind die Gewinner des Abends

Aber schon bei dem Filmfestival von Venedig, wo sein Film Premiere feierte, gewann der 36-Jährige einen Silbernen Löwen für die beste Regie. Nun erhielt er nicht nur einen Globe für seine Regie, der Film wurde auch als bestes Drama ausgezeichnet. Und sein Hauptdarsteller Adrien Brody als bester Drama-Schauspieler. Brody hat sich damit, 22 Jahre nach „Der Pianist“, damit erneut in einer Filmrolle mit den Folgen des Holocaust auseinandergesetzt. Damals hat er seinen ersten Globe gewonnen – und auch einen Oscar. Und auch „The Brutalist“ nimmt nun ganz klar Oscar-Kurs.

Der Siegerfilm war aber mit sieben Nominierungen nur der zweite Favorit des Abends. Die meisten Chancen konnte sich Jacques Audiard mit seinem Film „Emilia Pérez“ machen. Sein gewagter Genremix zwischen Thriller, Sozialdrama und Musical über einen mexikanischen Kartellboss, der seine Vergangenheit hinter sich lassen will und sich zur Frau operieren lässt, war zehn Mal nominiert. Und gewann am Ende vier Trophäen. Also einen mehr als „The Brutalist“.

82nd Annual Golden Globe Awards - Press Room
Beste Komödie und beste Nebendarstellerin: „Regisseur Jacques Audiard (3.v.r.) mit seinem „Emilie Pérez“-Cast, Adriana Paz, Edgar Ramírez, Selena Gomez, Karla Sofía Gascón und Zoe Saldana (v.l.). © Getty Images | Amy Sussman

Auch er gewann als bester Film, weil die Globes zwischen Drama und Komödie unterscheiden und ein Musical immer letzterem zuschlägt. „Emilia Pérez“ ist weder Komödie noch reines Musical, profitiert aber von seinem Genremix. Und gewann auch gleich noch den Globe für den besten nicht-englischen Film, für die beste Nebendarstellerin (Zoe Seldana) und den besten Song. Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón, selbst eine Trans-Frau, unterlag dagegen gegen Demi Moore, die mit dem Bodyhorrorfilm „The Substance“ eins der bravouröstesten Hollywood-Comebacks der letzten Jahre feierte: als einstiger Star, der aus Altersgründen abgeschrieben wird. Womit sie auch ein bisschen ihre eigene Geschichte spielte.

Die 62-Jährige gestand, dass sie schon kurz davor gewesen sei, die Schauspielerei aufzugeben, weil ein Produzent sie vor langem als „Popcorn-Schauspielerin“ abgecancelt hatte. Nun hielt sie stolz ihren ersten Globe in der Hand. „The Substance“ ist auch keine wirkliche Komödie, eher eine grelle Satire auf das amerikanische Showbiz, aber durch diese Aufteilung zwischen E und U, die kein anderer Filmpreis vornimmt, kam auch dieser gewagte Film zu einem Triumph.

Deutsche Hoffnungen wurden enttäuscht

Für die größte Überraschung allerdings sorgte die Kategorie Beste Schauspielerin in einem Drama. Hier gewann Fernanda Torres als erste Brasilianerin mit dem Film „I’m still Here“ über die grausamen Auswirkungen der brasilianischen Militärdiktatur auf eine Familie. Und stach überraschend die Stars Nicole Kidman („Babygirl“), Angelina Jolie („Maria“), Kate Winslet („Die Fotografin“) und Tilda Swinton („The Room Next Door“) auf. Torres widmete ihren Preis ihrer Mutter Fernanda Montenegro: Die 92-Jährige war 1999 als erste brasilianische Schauspielerin im Globe-Rennen, damals mit dem Film „Central Station“.

Alle deutschen Hoffnungen des Abends sind dagegen geplatzt. Die internationale Produktion „Konklave“ des deutschen Regisseurs Ed Berger, sechs Mal nominiert, gewann nur einen Preis für das Drehbuch des Briten Peter Straughan. Mohammad Rasoulofs heimlich im Iran gedrehter Film „Die Saat des heiligen Feigenbaums“, der mit deutschen Mitteln finanziert wurde und als deutscher Kandidat im Rennen war (wie er es auch bei den Oscars ist), unterlag, wie schon beim Europäischen Filmpreis vor einem Monat, „Emilia Pérez“. Und auch die beiden deutschen Filmkomponisten Hans Zimmer (nominiert für „Dune Part Two“) und  Volker Bertelmann („Konklave“) gingen leer aus.

82nd Golden Globe Awards ceremony - Press Room
Beste Drama-Hauptdarstellerin: Fernanda Torres für „I‘m Still Here“. © AFP | Robyn Beck

Der Golden Globe, der nicht nur Film-, sondern auch Fernsehpreise verleiht, wird seit 1944 von Hollywoods Auslandspresse verliehen, war aber 2021 durch Mauscheleien und Rassismus-Vorwürfe in die Kritik geraten und musste sich völlig neu aufstellen. (Bereits zum dritten Mal wurde die Show nicht mehr im deutschen Fernsehen übertragen – ein Zeichen des Prestigeverlusts.)

Kein Zufall also, dass die Auszeichnungen besonders breit und divers gefächert waren. Weil hier eine Fremdorganisation die Preise vergibt, sind die Stars auch immer etwas mutiger und freier in ihren Dankesreden als beim Oscar, der von der eigenen Filmakademie verliehen wird, wo man dann lieber brav seinen Produzenten dankt.

Immer wieder war von „Durchhalten“ die Rede

Ausdrücklich politisch gaben sich zwar nur wenige, aber immer wieder klang in Dankesreden an, dass es „in diesen Zeiten“ Unterhaltung und Hoffnung brauche. Und Erzählungen über jene brauche, die sonst im Schatten stehen. Die US-Komikerin Nikki Glaser, die erstmals die Globes moderierte, schon in ihrer Begrüßungsrede ein paar Pfeile auf den künftige zweite Präsidentschaft Trumps ab: „Ich bin nicht hier, um mich über euch lustig zu machen. Und wie könnte ich auch? Ihr seid alle so berühmt, so talentiert, so mächtig. Ihr könntet wirklich alles tun – außer dem Land zu sagen, wen sie wählen sollen.“

Immer wieder war auch von „Durchhalten“ die Rede. Und die wohl bewegendsten Worte kamen von der Karla Sofía Gascón, als „Emilia Pérez“ als beste Komödie gewann: „Das Licht siegt immer über die Dunkelheit“, sagte die spanische Trans-Schauspielerin. „Ihr könnt uns ins Gefängnis stecken. Ihr könnt uns zusammenschlagen, aber ihr könnt uns nie unsere Seelen wegnehmen, unsere Widerstandskraft, unsere Identität. Ich habe gewonnen. Ich bin, wer ich bin, nicht wen ihr wollt.“

Die Gewinner in den wichtigsten Sparten

Bestes Filmdrama: „The Brutalist“ von Brady Corbet (GB/USA).

Beste Komödie/Musical: „Emilia Pérez“ (F) von Jacques Audiard.

Bester nicht-englischsprachiger Film: „Emilia Pérez“.

Bester Animationsfilm: „Flow“ von Gints Zilbalodis (Lettland/Frankreich/Belgien).

Cinematic and Box Office Achievement: „Wicked“ (USA).

Beste Regie: Brady Corbet für „The Brutalist“.

Bestes Drehbuch: Peter Straughan für „Konklave“

Bester Schauspieler Drama: Adrien Brody „The Brutalist“

Beste Schauspielerin Drama: Fernanda Torres für „I‘m Still Here“ (Brasilien).

Bester Schauspieler Komödie/Musical: Sebastian Stan für „A Different Man“.

Beste Schauspielerin Komödie/Musical: Demi Moore für „The Substance“.

Bester Nebendarsteller: Kieran Culkin für „A Real Pain“.

Beste Nebendarstellerin: Zoe Saldana für „Emilia Pérez“.

Beste Filmmusik: Trent Reznor und Atticus Ross für „Challengers“.

Bester Filmsong: „El Mal“ aus „Emilia Pèrez“.

Beste Serie Drama: „Shōgun“.

Serien-Hauptdarsteller Drama: Hiroyuki Sanada f. „Shōgun“.

Serien-Hauptdarstellerin Drama: Anna Sawai für „Shōgun“.

Beste Serie – Komödie/Musical: „Hacks“ (USA).

Serien-Hauptdarsteller Komödie/Musical: Jeremy Allen White für „The Bear.

Serien-Hauptdarstellerin Komödie/Musical: Jean Smart für „Hacks“.

Beste Miniserie: „Rentierbaby“ (GB).

Hauptdarsteller Miniserie: Colin Farrell für „The Penguin“.

Hauptdarstellerin Miniserie: Jodie Foster für „True Detective: Night Country“.