Essen. Tower of Power verwandeln die ausverkaufte Lichtburg in eine musikalische Mucki-Bude. Einem Fan nahmen sie das Handy ab, zu seinem Glück.

Der Name versprach nicht zu viel, bei diesem Konzert schwächelte absolut nichts. Regelrecht kraftstrotzend verwandelte Tower of Power, Soul- und Funk-Ikone aus der kalifornischen Bay-Area um San Francisco, die ausverkaufte Lichtburg in eine musikalische Mucki-Bude. Auch nach einer musikalischen Historie von 56 Jahren bewiesen die zehn Musiker noch immer eine explosive Energie und ließen ihre Muskeln mit virtuosem, instrumentalen Können sowie unbändigem Temperament spielen.

Bis auf den smarten Neuzugang Jordan John, der Sänger ist rund halb so alt wie die Honoratioren der Gruppe, kommt Tower of Power optisch wie eine Rentnerband, in der karierte, kurzärmelige Hemden, lustige Hüte und Hosenträger das Erscheinungsbild prägen, daher. „We Came to Play“ setzt zum Start ein funkiges Ausrufezeichen und bereits bei dem Klassiker „Soul With a Capital „S“ reagieren die Fans bereits auf die Aufforderung von Jordan John im Rhythmus zu klatschen. Es dauert nicht lange, da entwickelt sich zu dem mitreißenden Retro-Sound eine regelrechte Tanz-Party.

Tower Of Power-Bläser profitieren von der „Killer Rhythm Section“

Unsere Konzertkritiken

Zwar bestimmt das fünfköpfige Gebläse mit zwei Trompeten und drei Saxophonen maßgeblich den Sound, doch gibt Tenorsaxophonist und Gründungsmitglied Emilio Castillo (74 Jahre) unumwunden zu, dass der berühmte Bläser-Satz nichts wäre, ohne die „Killer Rhythm Section“.

Bei der setzt Roger Smith mit tief grummelnden Hammond-B3-Sound eine solide Basis, auf die ein Melodie-verliebter Bass, genretypisch zackige Funk-Riffs auf der Gitarre und ein treibendes Schlagzeug aufbauen. Saxophone, darunter das Bariton-Saxophon des 78-jährigen „Tower“-Gründungsmitglieds Stephen „Doc“ Kupka, sowie zwei Trompeten konstruieren einen vertrackten, aber dennoch klaren Klang-Überbau, der Melodisches wie Rhythmisches im stetigen Wechselspiel verbindet. Mit traumwandlerisch lockerer Sicherheit einerseits und einem „Auf-den-Punkt-Spiel“, dessen Genauigkeit immer wieder Staunen lässt, andererseits, werden Passagen gleichsam wie komplexe Collagen kombiniert, gegenläufig positioniert, um sich dann wieder spielfreudig zu vereinen. Ein instrumentaler Höhepunkt war zweifellos das Saxophon-Duell zwischen Tom E. Politzer und „Special Guest“ Thorsten Skringer von den „Heavytones“, bei dem beide die Grenzen der Ausdrucksmöglichkeiten ihrer Instrumente ausloteten.

Eine Verneigung vor James Brown

Es ist immer wieder faszinierend zu hören, wie die mit gleichsam digitaler Akkuratesse präsentierte Musik soviel warmes Herzblut, purer Soul eben, verströmen kann, die die Fans immer wieder in Begeisterung versetzt. Die „Soul Vaccination“ wirkt. Besonders beigetragen zur Infektion mit dem Soul-Virus hatte insbesondere Jordan John, ein Sänger, der sowohl Funk, der in die Beine, als auch schmelzenden Soul, der im Stil von Otis Redding zu Herzen geht, mitreißend intonieren kann.

Zudem bewies er sich als Kameramann, als er einem Fan aus der ersten Reihe das Smartphone aus der Hand nahm, damit auf die Bühne ging, in aller Seelenruhe seine Bandkollegen in Aktion filmte, um dann das Smartphone samt exklusivem Video an seine überglückliche Besitzerin zurückzugeben. Mit „Diggin` on James Brown“ wurde sich vor „Godfather of Soul“ und seinem Erbe musikalisch verneigt, wenngleich im Unterschied zum „Hardest Working Man in Showbiz“ die eher lockere Performance von „Tower of Power“ weniger schweißtreibend war.

„What Is Hip?“ lautete zum umjubelten Finale die Frage, deren rhetorische Natur offenkundig war. „Soul Power“ natürlich, deren Energie seit rund sechzig Jahren nicht nachgelassen hat, vorausgesetzt es sind Könner wie Tower of Power am Werk.