Herne. Erst „Bild-Lilli“ dann Präsidentinnen-Barbie – Bettina Dorfmann zeigt in ihrer Ausstellung in Herne, warum die blonde Kultpuppe so wichtig ist.
„Eine Barbie war nie dumm oder magersüchtig, sie war einfach teuer“, sagt Bettina Dorfmann, die über 18.500 Barbie-Puppen in ihrer Sammlung hat – die größte weltweit. Seit ihrem Erscheinen vor 65 Jahren steht die ikonische Puppe – blond, aalglatt und auf Zehenspitzen – im Zentrum zahlreicher Kontroversen. Für viele Kritiker repräsentiert Barbie das Klischee des „blonden Dummchens“. Doch Dorfmann sieht das anders. In ihrer Wanderausstellung „Busy Girl – Barbie macht Karriere“, die vom 7. November bis zum 18. Mai 2025 im Emschertal-Museum im Herner Schloss Strünkede zu sehen ist, präsentiert sie die vielseitigen Facetten der Puppe und erklärt, wie Barbie die Rolle der Frau seit den 1950ern widerspiegelt.
„Barbie ist weder Antifeministin noch Feministin; sie ist das, was man in ihr sehen möchte“, erklärt die Kuratorin und blickt auf die „Busy Gal“-Vintage-Barbie von 1960, die einst die Broschüre ihrer Wanderausstellung zierte. Im roten Tweed-Anzug, tailliertem Blazer und schmalem Bleistiftrock steht die Puppe auf dem Ausstellungstisch – damals zeitgenössisch, aber alles andere als pink oder klischeehaft blond. Heute prangt auf der Broschüre die moderne Computer-Ingenieurin-Barbie: mit langen blonden Haaren, pinker Brille sowie einem Laptop, Binärcode auf dem Bildschirm. Die Ausstellung fand erstmals 2004 in Ratingen statt. Seither habe sich viel verändert – sowohl in der Barbie-Welt als auch in der realen Welt. „Barbie ist ein Spiegel unserer Gesellschaft“, meint Dorfmann.
Bettina Dorfmann: „Es gibt genauso viele männliche wie weibliche Barbie-Sammler“
Formel-1-Barbie, Doktor-Barbie, Army-Barbie – das sind nur einige der Berufe, in denen Barbie dargestellt wird. Die Ausstellung soll ein emanzipatorisches Projekt sein, richtet sich jedoch nicht an ein spezielles Publikum. „Es gibt genauso viele männliche wie weibliche Barbie-Sammler“, betont Dorfmann. Auch auf den Barbie-Conventions sei das Publikum bunt gemischt: von Kindern bis hin zu über 90-Jährigen. Mal werden die Puppen als Fahrerinnen in Modelltrucks eingesetzt, mal stehen sie einfach zur Schau in hübschen Kleidern. Die Ausstellung bietet den Besucherinnen und Besuchern auch die Möglichkeit, ihre eigene Sammlung kostenlos schätzen zu lassen oder verschiedene Berufsfelder zu erkunden und dabei vielleicht erste Impulse für die eigene Zukunft zu sammeln.
Mit dem HBDI-Modell können Besucherinnen und Besucher der Ausstellung ihre Persönlichkeit anhand von vier Kategorien erkunden: dem Rationalen, dem Experimentellen, dem Organisatorischen und dem Fühlenden Ich. Dadurch sollen sie einen Eindruck erhalten, ob sie beispielsweise eher analytische Denker sind oder eine besondere Stärke im Umgang mit Menschen haben. „Das hat nichts mit Intelligenz zu tun“, so die Düsseldorferin, „sondern bietet einen einfachen Einstieg, um berufliche Potenziale zu entdecken.“ Besucherinnen und Besucher sollen außerdem durch die Barbies inspiriert werden – wie durch Mattels Inspiring Women-Serie mit Vorbildern als Barbies wie Rosa Parks, Katherine Johnson und Bessie Coleman. Im Anschluss können sie dann das HBDI-Modell nutzen, um passende berufliche Möglichkeiten für sich zu erkunden.
Von der „Bild-Lilli“ zur Karriere-Barbie: Eine Puppensammlung im Wandel der Zeit
Von der kleinen, 19 Zentimeter großen deutschen „Bild-Lilli“, die (umstrittenerweise) als Inspiration für Mattels Barbie gilt, bis hin zur Margot-Robbie-Barbie ist so einiges aus Dorfmanns 18.500-Puppen-Sammlung in der Ausstellung vertreten. Vorsichtig nimmt Dorfmann jede einzelne Puppe in die Hand, erklärt ihren Ursprung, den historischen Kontext und ihre Bedeutung – wie etwa die Midge-Barbie, eine der ersten Figuren, die älter als Barbie selbst sein sollte, damit eine Mattel-Puppe auch schwanger dargestellt werden konnte. Die Ausstellung weckt nicht nur Nostalgie für vergangenes Spielzeug, sondern auch Erinnerungen an die Träume und Visionen, die Spielende für sich selbst hatten, und an die Räume, in denen sie sich sahen. Dennoch lebte Barbie nicht immer in einem Traumhaus – zu Beginn bestand ihre Welt aus einer Küche in einem Papphaus.
Doch laut Dorfmann sind die Berufs-Barbies in Deutschland längst nicht so beliebt wie in anderen Ländern. „Hier kauft man lieber Feen oder Prinzessinnen,“ erklärt sie. „Das hängt auch ein bisschen von den Eltern ab und davon, was sie ihren Kindern mitgeben möchten – und das ist, sage ich mal, in Deutschland manchmal schwierig. Ich glaube sogar, dass das Interesse an Berufs-Barbies derzeit eher rückläufig ist. Deshalb finde ich es umso wichtiger, diese Barbies zu zeigen.“
Erfolgreich nur mit Idealmaßen? Barbie-Expertin klärt über den Einfluss der Puppe auf
Obwohl Barbie seit Jahrzehnten in verschiedenen Berufen dargestellt wird, bleibt die Frage nach dem Einfluss der von ihr vermittelten Schönheitsideale auf junge Mädchen und deren Selbstbild ein viel diskutiertes Thema. Welche Botschaft senden die normschönen Körperproportionen, die Barbie traditionell auszeichnen? Müssen Frauen normschön sein, um im Beruf erfolgreich zu werden? Müssen Berufe „pink“ werden, um Mädchen dafür zu begeistern? „So habe ich das als Kind nicht wahrgenommen“, sagt Dorfmann. „Aber was ist eigentlich Schönheit? Früher hatte Barbie sogar Sommersprossen – zu einer Zeit, in der viele Menschen diese lieber bleichen lassen wollten. Sie trug auch Brillen. Mittlerweile darf sie auch kurvig sein, und der Film aus 2023 zeigt, wie vielfältig Barbie sein kann.“
Die Ausstellung läuft vom 7. November 2024, ab 17 Uhr, bis zum 18. Mai 2025. Ab Donnerstag, 14. November, können Besucherinnen und Besucher von 11 bis 17 Uhr ihre Barbie-Puppen und Zubehör kostenlos schätzen lassen. Der Eintritt beträgt 3,50 Euro für Erwachsene und 50 Cent für Kinder. Am Eröffnungstag, 7. November, ist der Eintritt zur Ausstellung sowie zu allen Angeboten frei.
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