Düsseldorf. In der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Hall war nach zwei Stunden Schluss. Jubel für wieder neue Versionen alter Hits – und die Blues-Harp.
Das kann man sich wohl nur leisten, wenn man Bob Dylan ist: Beim letzten Konzert seiner „Rough & Rowdy Ways“-Tour auf deutschem Boden war nach ziemlich genau zwei Stunden und einer kurzen, wortlosen Verbeugung Schluss – ohne jede Zugabe, aber eben auch ohne jedes Murren der Fans, als das kalte Saallicht ansprang. Das sehr smoothe, nachdenkliche „Every Grain of Sand“, in dem es auch um eine „Kette von Ereignissen“ geht, die „gebrochen“ werden muss, hatte schon ahnen lassen, dass danach kaum noch etwas kommen sollte.
Das Alte-Songs-in-neue-Gewänder-Stecken ging diesmal mit einem gut losrockenden „All Along The Watchtower“ ab. Und einem „It Ain’t Me Babe“, bei dem der Blues-Harp-Einsatz wie auch später mit so viel Jubel bedacht wurde, als seien noch die 60er, in denen Dylan für den Einsatz der E-Gitarre als Folk-Verräter beschimpft wurde.
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Wenn später Tony Garnier seinen Kontrabass auspackt, könnte es bis auf besagte E-Gitarre tatsächlich ein Unplugged-Konzert sein, bei dem Dylan wie schon vor zwei Jahren in Krefeld hauptsächlich hinterm Klavier steht und in die Tasten greift. Nur selten wagt er sich dahinter hervor, und vielleicht geht es wirklich weniger um die zwei, drei Akkorde oder Soli, die er darauf greift. Es könnte ja auch sein Bedürfnis sein, dass der 83-Jährige etwas zwischen sich und das Publikum wissen möchte, was den allzu großen Anschein von Einigkeit ein wenig bricht.
Bob Dylan: Die ehemalige Philipshalle erweist sich einmal mehr als Sound-Risiko
Schon als Philipshalle war der inzwischen umgetaufte Saal für seinen unseligen Sound berüchtigt, und auch diesmal stellte er die Mischpult-Regler vor denkbar große Herausforderungen. Mal drängte das Klavier zu sehr nach vorn und die Stimme war zu leise, mal wieder die E-Gitarre zu laut. Aber vielleicht war das nur eine wenig subversive Form der Perfektionsverweigerung, die „His Bobness“ ja auch mal ganz gern kultiviert.
Zum üblichen Handyverbot gesellte sich dann ein Ordnungsdienst, der die beiden ebenso ausgelassen wie einsam tanzenden Mädels im Mittelgang prompt wieder auf die Bestuhlung schickte. Die erstreckte sich über die gesamte, nicht ganz ausverkaufte Halle. Soll eben nichts ablenken vom Zelebrieren dieser Jahrhundertmusik vor grauen Vorhängen und nicht mal einem Dutzend Scheinwerfer, von denen zwei große Glühfaden-Trommeln aus den Hollywood-Studios von 1942 zu stammen scheinen.
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Die Stimmung des „Rough & Rowdy Ways“-Albums von 2020 ist besinnlich bis entspannt, daraus gab‘s dann Songs wie „I Contain Multitudes“, „False Prophet“, „Black Rider“ (mit dem markanten Echo), „Key West (Philosopher Pirate)“ oder „Crossing The Rubicon“ in recht studionahen Versionen. Zwischendurch erinnert ein „It‘s All Over Now, Baby Blue“ in swingendem Country-Pop daran, dass der Mann mit dem dunkel gefärbten Haar eigentlich ein notorischer Hörgewohnheitenbrecher ist, der ganz gerne mal aus dem Takt ausbricht und eine Vorliebe für schräge Akkorde hat.
Weitere Konzerte der „Rough & Rowdy Ways“-Tournee von Bob Dylan
Nachdem Düsseldorf ursprünglich als Schlusspunkt dieser Tournee geplant war, hängen Dylan & Co nun noch Termine in Luxemburg, Antwerpen und Großbritannien dran. Ohnehin drängt sich der Verdacht auf, dass „Rough & Rowdy Ways“ eigentlich nur ein Teil seiner großen „Never Ending Tour“ sein könnte. Der Literaturnobelpreisträger ist ja nicht der einzige Musiker, bei dem man sich über jedes Konzert freut, das nicht das letzte war.