Essen. „Joker: Folie À Deux“ läuft am Mittwoch in den deutschen Kinos an. Hartgesottene Comic-Fans müssen tapfer sein: Es wird gesungen und getanzt.

Eine knallharte Comicverfilmung mit kunterbunten Musical-Elementen vermengen? So viel Schneid muss ein Regisseur erstmal aufbringen. Todd Phillips traut sich – und verwandelt Gotham City in seiner „Joker“-Fortsetzung in „Jo Jo Land“. Denn es wird gesungen, getanzt und gesteppt, was Schuhe und Stimmen so hergeben. Und der Zuschauer? Der bleibt nach diesen seltsam unausgegorenen 140 Minuten ebenso rat- wie emotionslos zurück.

Mit dem Oscar-Gewinn schrieb Joaquin Phoenix ein Stück Filmgeschichte

Vor fünf Jahren schrieb der erste „Joker“-Teil ein Stück Filmgeschichte. Für seine überragende Darstellung als missbrauchter, gedemütigter und psychisch derangierter Verlierer, der dann aufbegehrt, mordet und zum Vorbild wider Willen einer aufgepeitschten Gesellschaft mutiert, erhielt Joaquin Phoenix den Oscar als bester Hauptdarsteller. Und das völlig zu Recht! Eine Ehre, die mit Ausnahme von Heath Ledger noch keinem anderen Hollywood-Akteur vergönnt war, der sich in ein Super- oder Anti-Helden-Kostüm gezwängt hatte.

Starke Bilder, viel zu wenig Handlung: Die Spielzeit von 140 Minuten trägt die „Joker“-Fortsetzung mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle leider nicht.
Starke Bilder, viel zu wenig Handlung: Die Spielzeit von 140 Minuten trägt die „Joker“-Fortsetzung mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle leider nicht. © dpa | Niko Tavernise

Und auch diesmal ist Phoenix wieder bereit, alles für diese besondere Rolle zu investieren. So hungerte er sich wieder herunter bis auf die Knochen, um diesen körperlich und seelisch geschundenen, ausgemergelten Arthur Fleck zu spielen. Der sitzt zu Beginn der Fortsetzung in einem berüchtigten Knast. Kein Wunder, die sechs Morde, die er im Film zuvor begangenen hat, sollen ja nicht ungesühnt bleiben. Und die ersten Sequenzen aus der Haftanstalt, die in ihrer exklusiven Insel-Lage verblüffend dem einst so berüchtigten Alcatraz ähnelt, lassen noch hoffen, dass Regisseur Phillips seinen düster-dystopisch-bedrohlichen Grundton aus Teil eins wiedergefunden hat.

Lady Gaga spielt Schlüsselrolle in Joker-Fortsetzung

Doch schnell wird klar: Hier wird auch gesungen. Und das nicht zu knapp! Klar, wenn Lady Gaga für die zweite Schlüsselrolle dieses Films verpflichtet wird, ist das keine allzu große Überraschung. Die Oscar-Gewinnerin lässt nicht nur an in ihrer stimmlichen Exzellenz keinerlei Zweifel aufkommen, sie badet in ihrer Rolle als Joker-Verbündete Harley Quinzel auch durchaus glaubhaft in einem Gefühlswellenbad. Doch die größtenteils beschwingte, swingende Musik, sie versprüht einen Fred-Astaire- und Frank-Sinatra-Charme und will in letzter Konsequenz nicht wirklich zum emotionalen Setting dieses Films passen. So wirkt nahezu jede Gesangseinlage wie ein Bruch in der Handlung. Die ist eh nur in Spurenelementen vorhanden und rechtfertigt die viel zu üppig bemessene Spielzeit von rund 140 Minuten leider nie.

Schon nach der Uraufführung des Streifens bei den Filmfestspielen in Venedig waren die kritischen, zweifelnden Reaktionen der anwesenden Weltpresse deutlich lauter als Worte des Wohlwollens. Und es ist wirklich schwierig zu ermitteln, welche Zielgruppe Regisseur Phillips hier erreichen will. Für hartgesottene Comic-Fans dürfte das Konzept viel zu Musical-lastig sein. Und für die Anhängerschaft von Lady Gaga werden die zahlenmäßig überschaubaren, aber in ihrer Heftigkeit erneut krassen Gewalteruptionen abstoßend wirken.

Sicher ist nach diesem eher miss- als gelungenen Finale aber zumindest das: Einen dritten „Joker“-Teil wird es definitiv nicht geben…