Bochum..

Wolfgang Berger aus Bochum hat 2010 jeden der 53 Kulturhauptstadt-Teile besucht - und ist am Samstag als personifizierter „Local Hero“ zum Ruhr.2010-Finale in Gelsenkirchen eingeladen.

Kurz vor Schluss kam der Schreck: Am Ende des Kulturhauptstadt-Jahres hatte das Jahr eine Stadt über! „Was habe ich falsch gemacht?“, fragte sich Herr Berger aus Bochum und suchte den Fehler im großen Plan. Nichts. Das Jahr hat 52 Wochen, Ruhr.2010 aber 53 Stadtteile. Und 54 „Local Heroes“: die Gastgeber-Orte und ihn – Wolfgang Berger. Denn er hat sie alle besucht.

„Haben Sie mal ein Jahr Zeit?“, hatte die Kulturhauptstadt ihre Bürger im Januar gefragt, und Bürger Berger hat gleich ja gesagt. Obwohl das natürlich nicht ganz stimmt, Rentner haben schließlich nie Zeit, und dieser Polizei-Pensionär schon überhaupt nicht, mit seinem Turnverein und der Gemeinde und der Räuchermännchen-Sammlung – und seiner Frau. Liz aber hat nur „Mach mal“ gesagt: „Ich hab ihm gern frei gegeben.“ Und wo’s schön war, da fahren sie zusammen nochmal hin.

Das war Ruhr.2010In jedem Ort hat Berger so lang gesucht, bis er was Positives gefunden hat

Viele Städte empfingen den Gast ja gleich: schäbiger Bahnhof, Typen mit Bierflaschen davor, die immer gleiche Fußgängerzone mit der immer gleichen Reklame vor den Fassaden. Oft ein leeres Karstadt-Haus. Und Baustellen: „Das habe ich nicht verstanden.“ Den Empfang hat Berger aber auch ein bisschen so gewollt; fuhr stets mit Bus, Bahn und Bärenticket und guckte rechts und links: „Wer wohnt da und wie, das habe ich aufgesogen.“

Und hat mit Begeisterung dann auch die Schönheiten gesehen. Das Grün, die Architektur, die Kunst. „Man muss nicht in andere Länder fahren, um Burgen und Schlösser zu sehen.“ Zwar hat er auch Urlaub gemacht in diesem Jahr, aber nur kurz: „Danach bin ich gleich wieder los gestürzt, und tschüss!“ Wolfgang Berger hatte schon immer diese Liebe zum Ruhrgebiet, die Wurzeln in Gelsenkirchen, das Wohnumfeld in Bochum, Schalke im Herzen. „Aber was man noch alles kennenlernen kann!“

Kamen war der absolute Höhepunkt der Freundlichkeit

Mit Moers entdeckte er ein „Schmuckstück“, wo mittags einer Hüsch las mitten in der Stadt, Haltern gefiel ihm, in Wetter das alte Rathaus, in Kamp-Lintfort die Mischung aus Kloster und bergmännischem Leben – und Kamen, „das war der absolute Höhepunkt von der Freundlichkeit her“. Zwar hatte Berger das Programm der „Local Heroes“ meist unterm Arm, aber er hat auch gefragt. Den Busfahrer oder die Leute am Straßenrand: „Wissen Sie, was hier los ist?“ Häufig wussten eher die Älteren Bescheid. Und meist spazierte Wolfgang Berger dann geradewegs ins Bürgerbüro oder gleich zum Bürgermeister. Ließ sich eine Unterschrift geben nach dem Motto „I was here“, sammelte Aufkleber und Anstecker wie Wandersleute Nadeln. Nicht jeder Orts-„Held“ hatte einen eigenen Kultur-Pin, aber der Gast hat auch die Zwiebelkirmes aus Witten angesteckt oder Werbung für fremden Fußball und aus Hamminkelner Bier.

Einmal nur haben die Vorzimmer-Damen ihn „angeguckt, als ob ich ihren Bürgermeister entführen wollte“. Wolfgang Berger ist zu höflich, um zu verraten, wo das war. Immerhin war es „die einzige negative Stadt, die ich erlebt habe“. Unter 50. Alpen und Hünxe warten jetzt noch auf den personifizierten „Local Hero“. Für Samstag hat die Kulturhauptstadt ihren Helden zum Abschlussfest eingeladen. Und dazu fährt er in dieser Woche Doppelschicht: nach Heiligenhaus und Oer-Erkenschwick, natürlich mit dem Bus. Weil Ruhr.2010 nunmal mehr Städte hat als Wochen.