Köln. Die amerikanische Indie-Pop-Band war erst zum zweiten Mal in Deutschland. Die Musiker, die schon für Taylor Swift spielten, liefern: Party pur.

Die Fußnägel sind türkis lackiert, die Riemchensandaletten mit dem Blockabsatz knallrot und zu groß. Bei jedem Hopser rutschen die Fersen hin und her. Gleich, so fürchtet man, glitscht eine von beiden aus dem Fußbett. Die Besitzerin des signalfarbenen Schuhwerks macht sich darüber keinen Kopf. Sie tanzt, so wild und losgelassen, als gäbe es kein Morgen mehr. Rund 2000 andere Menschen tun es ihr gleich. Sonntagabend bei den Bleachers im E-Werk.

Das, was der Musikproduzent und Songschreiber Jack Antonoff und seine Band in knapp zwei Stunden in der saunaähnlich temperierten Halle abliefern, ist Party pur. Begeistert wie die Menge dabei abgeht, glaubt man kaum, dass es tatsächlich erst das zweite Konzert ist, das die US-Amerikaner in Deutschland geben. Aber wenn Antonoff das sagt, muss es wohl stimmen. Der Parole, die er zum Erscheinen des Bleachers-Debütalbums „Strange Desire“ 2014 ausgab – „Ich will massive, schöne Popsongs schaffen, die verdammt cool klingen“ – ist er bis heute gerecht geworden.

Die Bleachers postulieren einen fröhlichen Hedonismus

Die Musik der „Bleachers“ beschwört Reminiszenzen an die 1980er, postuliert  einen fröhlichen Hedonismus, der aber, im Subtext, zutiefst verzweifelt sein kann. Bisweilen kann das trotzig und aufbegehrend klingen, sich dem erwarteten Wohlverhalten verweigernd, wissend, dass das nicht folgenlos bleiben wird. „Let’s do something I’ll regret“, „Lasst uns etwas tun, was ich bedauern werde“, singt Antonoff in „Self Respect“ – und das Publikum singt das so innig mit, als sei es ein Mantra.

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Ihr viertes, aktuelles Album ist schlicht mit „Bleachers“ überschrieben, die Tour läuft unter dem Motto „From The Studio To The Stage“, vom Studio zur Bühne, was der Tatsache Rechnung trägt, dass Antonoffs Musiker auch bei Produktionen für so illustre Kundschaft wie Lana Del Rey, Taylor Swift oder The 1975 zum Einsatz kamen. Nicht nur die herausragenden Saxofonisten Evan Smith und Zem Audu sind Spitzenkräfte.

Am Ende ziehen die Bleachers noch einmal alle Register

Mitunter, wenn Antonoff allein am Keyboard solche Schmankerl wie „I Miss Those Days“ raushaut, haben die auch mal frei – und sitzen dann oben auf der Bühne zusammen wie Schüler in der großen Pause. Über all dem verkündet, als ironische Reminiszenz, ein Schild „Recording“ und „Studio in Use“. Als dessen Beleuchtung erlischt, ist klar: jetzt kommt das letzte Stück. Mit „Stop Making This Hurt“ ziehen die Bleachers noch mal alle Register. Die Fersen in den roten Riemchenschuhen rutschen wilder hin und her denn je. Noch einmal Tanzen. So, als gäbe es kein Morgen mehr.