Dortmund. So viel Kunst mit Fußball war noch nie: Das Museum am Hauptbahnhof hat sie gesammelt – und zeigt sie jetzt in einem 45-Minuten-Stream.
Fußball und die Kunst der Moderne sind beide seit dem Ende des 19. Jahrhunderts aufgestiegen. Aber sie haben eher wenig Notiz voneinander genommen. Moderne Kunstwerke, die den Fußball ins Bild rücken, sind fast so selten wie Fußballstadien, in denen echte Kunst der Moderne hängt. Aber es gibt sie selbstverständlich doch. Salvador Dalís Porträt seines Schriftstellerfreundes Jaume im großzügig dekolletierten Fußball-Dress etwa, Robert Delaunays bezauberndes Aquarell „Fußball“, John Heartfields ätzend böse Fotomontage „Deutscher Sport“ mit einem überdimensionalen Fußball als Kopf-Ersatz, El Lissitzkys Collage „Fußballspieler“, René Magrittes Gemälde „Repräsentation II“ mit einem Doppelblick auf Freizeit-Kicker, die „Fußballer“-Lithografie von , Hundertwassers „Match des Jahrhunderts“ oder auch den „Fußball-Terroristen“ im Fallrückzieher von .
Und wohl noch nie sind so viele Werke zusammengetragen worden wie für die neue Ausstellung „In Motion. Kunst und Fußball“, die das passend zur bald anrollenden Europameisterschaft erstellt hat. Eröffnet wird sie am kommenden Montag, unter tatkräftiger Mithilfe von Kultur-Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) und NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU).
Marion Ackermann, einst Chefin der Kunstsammlung NRW, war im Team
Museums-Chef hat die Werke – darunter auch Lithografien, Radierungen und Gouachen – in einer vierjährigen Recherche gemeinsam mit einem Team von Fachleuten zusammengestellt, zu dem auch die frühere Leiterin der Marion Ackermann gehörte sowie Horst Bredekamp, einer der renommiertesten Kunsthistoriker des Landes.
Die Nachricht von der Ausstellung ist allerdings mit einer Gewinnwarnung zu versehen: Die Werke sind nicht im Original in Dortmund zu sehen, sondern als 45-minütige Digitalshow im Herzen des Fußballmuseums. Der Film mit einer klangmalerisch eingesetzten Musik nimmt die Motive der Werke auf und generiert aus ihnen gänzlich neue, bewegte Bilder, die in 16 Kapiteln miteinander verschmelzen. „Tanz zwischen Himmel und Erde“ heißen sie oder „Schauplatz der großen Gefühle“. In künstlerischer Manier wächst sich das zu einer filmischen Erzählung aus, die hier und da gewisse Längen hat, aber im Endeffekt ein faszinierendes Eigenleben entwickelt. Von anderen „immersiven“ Installationen unterscheidet sie sich durch eine phantasievolle Geschichte, zumal sie dunkle Seiten wie Kriegszeiten nicht ausspart.
Durchsetzt ist der Film, der mit passender Musik vom Walzer-Dreivierteltakt bis zu Fanfarenstößen und dramatischen Trommeln unterlegt ist, mit bekannten wie weniger vertrauten Zitaten. Vom Philosophen Albert Camus etwa: „Ich begriff sofort, dass der Ball nie so auf einen zukommt, wie man es erwartet. Das war eine Lektion fürs Leben.“ Die bekannten Worte des schottischen Trainers Bill Shankly, wonach es im Fußball um ernstere Dinge als Leben und Tod gehe, stehen die nicht weniger einleuchtenden der ehemaligen Nationalspielerin und heutigen Künstlerin gegenüber: „Wenn die weltbewegenden Sachen kommen, wird‘s leise im Fußball.“
Das alles macht, zumindest Kunst-Fans, neugierig auf die Werke. Und die können in einem Seitekabinett in Originalgröße digitalisiert erlebt werden. Und an einer weiteren Digitalstation gibt es zu 60 Werken die Geschichte, zum Nachlesen, aber auch zum Anhören – in der deutschen Fassung gesprochen vom Sportreporter Tom Bartels. Da sind auch Einzelheiten, Entstehung und Bedeutung eines Gemäldes wie der „Dynamik eines Fußballspielers“ vom italienischen Futuristen Umberto Boccioni nachzuvollziehen. Die Möglichkeit dazu kann man auch mit nach Hause nehmen, in Gestalt eines opulenten Katalogs aus dem Deutschen Kunstverlag.