Krefeld. Krefeld ist nicht das Ruhrgebiet, aber auch bei Bayer pflegen sie noch die Arbeiterethik. So wie beim Auftritt der Krupps in der Kufa am Samstag.

„Und jetzt kommt ein Song über die bösen Nazis!“ Jürgen Engler macht aus seiner Haltung kein Geheimnis. In Zeiten, in denen der Nationalismus wieder auf dem Vormarsch ist und auch in Deutschland einer offen rechtsextremen, demokratiefeindlichen Partei die Stimmen sogenannter Protestwähler zufliegen, sind klare Statement vonnöten. Insbesondere in der Kultur mit ihrem offenen Weltbild und gerade auf der Bühne, von der sich schnell hunderte Menschen einnehmen lassen. Es kommt halt nur auf die Inhalte ein, die von dort unters Volk gebracht werden.

Bei den Krupps ist die Sache klar: Ja, ihre Musik hat seit je her einen dunklen, mitunter verstörend-bedrohlichen Klang. Brettharte Gitarren, dumpfe Beats und ein Sänger, der nur so vor Kraft und Energie strotzt – das sind auch Zutaten, die möglicherweise auch bei anders gesinnten Leuten gut ankommen. Die Krupps aber sind die „Nazis auf Speed“ und das Volk schreit: „Rammt sie!“

Ab aufs Stahlofon: Jürgen Engler und Die Krupps beim Gig in der Kufa
Ab aufs Stahlofon: Jürgen Engler und Die Krupps beim Gig in der Kufa © NRZ | Unbekannt

Vorläufer von Rammstein

Apropos rammen: Wer versteht, dass eine gewisse Band namens Rammstein auf Tour regelmäßig Stadien füllt, aber Die Krupps live nur noch ein paar hundert Getreue anlocken, solle sich bitte hier melden. Die 1980 in Düsseldorf um Engler und Soundtüftler Ralf Dörper gegründete Formation, in den ersten Jahren mit Industrialsound in Szenekreisen recht erfolgreich, verschärfte etwa ab Mitte der 80er ihren Ton – und nahm im Grunde damit vorweg, was Rammstein später zur deutschen Überband machte, nur ohne Feuer- und Genitalienshow auf der Bühne.

Zum 40-jährigen Jubiläum der Kulturfabrik Krefeld ist Engler eigens „über den Teich“ angereist. Zumindest sagt es der mittlerweile 62-Jährige an diesem Samstagabend vor gut 400 Fans in der Kufa so. Engler lebt seit vielen Jahren in Austin/Texas und wirkt dort als erfolgreicher Musikproduzent unter anderem für Punkopa Iggy Pop. Nur für einen Gig am Niederrhein ist er tatsächlich nicht die weite Strecke geflogen, sondern nach dem gefeierten Auftritt in Krefeld ging es für Die Krupps am Sonntag weiter zum NCN-Festival in Deutzen, einem großen Treffen der Gruftiszene in Sachsen.

Immer noch „Wahre Arbeit, wahrer Lohn“

In Krefeld liefern Die Krupps nach dem Auftritt des Supportacts Minusheart einen gut 90-minütigen Gig ab, der keine Wünsche offenlässt. Schon früh wird in der „Schmutzfabrik“ gekehrt, nicht viel später folgen „Kaltes Herz“ und das hymnische „Robo Sapien“, ehe als letztes Stück vor den immerhin noch drei Zugaben die Malocherhymne „Wahre Arbeit, wahrer Lohn“ das durchaus ältere Publikum gut ausrasten lässt.

Auf Die Krupps ist Verlass, auch wenn Stahl demnächst mit grüner Energie gekocht wird: Jürgen Engler wird auf der Bühne weiterhin auf sein selbst gebautes Stahlofon dreschen, so wie er es eben schon seit mehr als 40 Jahren tut. Gut so!