Dortmund. Seinen Namen kennen nur wenige, seine Gitarren hingegen umso mehr. Les Paul, Künstler wie Tüftler, hat den Soundtrack der modernen Gesellschaft wie kaum ein anderer geprägt. Der Amerikaner erfand die elektrische Gitarre in ihrer heutigen Form.
Les Paul starb am Donnerstag in der Nähe von New York – seine Lebensleistung indes bleibt unsterblich.
Dabei wäre Les Pauls Karriere beinahe zu Ende gewesen, ehe sie begonnen hatte. 1948 erlitt er bei einem Autounfall schwere Arm-Verletzungen. Les Paul ließ ihn so richten, dass er weiterhin Gitarre spielen konnte. Nach anderthalbjähriger Reha kehrte er auf die Bühne zurück, nicht vollständig genesen, aber vollkommen überzeugt von der Notwendigkeit eines Comebacks.
Klimpernde Gläser und kichernde Gäste
Tatsächlich war Les Paul, fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, der richtige Mann am richtigen Platz. Denn obwohl er aus einem Kaff kam, hatte der Technik-Freak die Antwort auf ein Problem der modernen Freizeitgesellschaft gefunden. Mit den Städten wuchsen auch die Mengen, die tanzen wollten, zu Live-Musik versteht sich. Doch nur Big Bands hatten den nötigen Druck, um gegen klimpernde Gläser und kichernde Gäste anzuswingen, Combos hatten es in Ballrooms schwer, sich durchzusetzen. Vor allem Gitarren wirken schwachbrüstig.
Kein Wunder, dass Bastler bereits in den 30ern dem filigran klingenden Saiteninstrument einen fetteren Klang verpassten – per Strom, Tonabnehmer und Verstärker.
Unkontrollierte Rückkopplungen
Doch mit den elektrisch verstärkten Gitarren jener Jahre war Les Paul unzufrieden. Unkontrollierte Rückkopplungen machten die neumodischen Gerätschaften zu einem zweifelhaften Vergnügen.
1941 traf den Elektro-Fanatiker Les Paul ein Geistesblitz. Er baute eine Gitarre ohne den bis dahin üblichen Resonanzkasten. Stattdessen bestückte er einen schlichten Holzblock mit Tonabnehmern, Hals und Stegen, „The Log” genannt, der Klotz. Sein Versuch, seine Erfindung zu vermarkten, scheiterte zunächst. Gitarren-Gigant Gibson lehnte die Kiste ab – wie auch das Publikum.
Les Paul feilte am Design seiner Gitarre, buchstäblich. Er verpasste seinem Klotz das Aussehen einer Gitarre und versah sie mit einer Aussparung, Cutaway genannt, um höchste Noten spielen zu können.
Unschlagbares Duo
Die Vermarktung seines neuen Produkts übernahm Les Paul kurzerhand selbst. Er hatte mit Mary Ford eine Sängerin gefunden, die er so schnuckelig fand, dass er sie 1949 vor den Traualter führte. Gemeinsam war das Duo unschlagbar – mit Hits wie „Mr Sandman” und „How High The Moon”.
Dazu kam, dass Gibson sich die Rechte für Les Pauls Gitarre sicherte – eine weise Entscheidung, obwohl das Unternehmen kaum ahnen konnte, dass die Hoch-Zeit der elektrischen Gitarre erst noch kommen würde. Sie kam, als die Generation Rock in den 60ern merkte, dass Elektronik nicht nur erlaubte, den Klang der Gitarre zu verstärken, sondern auch, ihn zu verändern. Ohne Les Paul wären weder Pete Townshends Windmühlen-Akkorde möglich gewesen noch der Dampfhammer-Rock von Metallica.
Von Moden und Mätzchen blieb Les Paul als Musiker uneinflusst. Fast bis zu seinem Tod spielte er live – im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Leo Fender, der vor kurzem 100 Jahre alt geworden wäre. Fender, der Musiker mit den Modellen Tele- und Stratocaster beglückte, weigerte sich zeitlebens, auch nur einen einzigen Akkord zu lernen.