Washington/New York. Selbst Künstler wie Gerhard Richter beklagen die “hoffnungslos überzogenen“ Preise für Kunst. Noch nie wurde so viel für Meisterwerke gezahlt.
Als jüngst ein Sammler für die farbenfrohe Ereignislosigkeit „Abstraktes Bild“ von Gerhard Richter 41 Millionen Euro zahlte, sagte der teuerste lebende Maler, die Summe habe etwas „Schockierendes“ und sei Ausdruck eines „hoffnungslos überzogenen“ Kunstmarkts. Im New Yorker Auktionshaus Christie‘s ist das Richter-Preisschild jetzt um ein Vielfaches übertroffen worden.
Das barbusige Frauen zeigende Meisterwerk „Les Femmes d’Alger“ („Die Frauen von Algier“) von Pablo Picasso ging am Montagabend für 179,4 Millionen Dollar (160 Millionen Euro) an einen unbekannten Besitzer, der Auktionator Jussi Pylkkanen via Telefon das entscheidende Gebot übermitteln ließ.
Allzeithoch am Kunstmarkt
Als nach elf Minuten der Hammer fiel, war der bis dahin gültige Rekord für das teuerste jemals versteigerte Gemälde – Francis Bacons „Drei Studien von Lucian Freud“ für 142,4 Millionen Euro, 2013 bezahlt von Elaine Wynn, Gattin eines Casino-Magnaten. Der Beleg für das aktuelle Allzeithoch am Kunstmarkt auch bei Skulpturen. Nach Picasso erzielte Alberto Giacomettis spillerige Bronzefigur „Zeigender Mann“ mit 141,3 Millionen Dollar ebenfalls eine neue Bestmarke. Rekordhalter war bis dahin freilich ebenfalls ein Giacometti, der „Schreitende Mann“, für den 106,4 Millionen Dollar gezahlt wurden(2010).
Am Ende der Auktion, die bei 35 Losen fast 700 Millionen Dollar einbrachte, setzte das Rätselraten ein. Wer ist der neue Besitzer? US-Medien spekulierten in die klassischen Richtungen: entweder ein hoch solventer chinesischer Sammler - oder eines der kulturell ambitionierten Scheichtümer a la Katar.
Die Nachfrage nach Meisterwerken bleibt riesig
Letzteres hatte vor einiger Zeit die einzig noch verfügbare Version von Paul Cézannes „Die Kartenspieler“ außerhalb einer Auktion für sage und schreibe 250 Millionen Dollar erstanden. Christie‘s hielt sich wie immer bedeckt, was den neuen Picasso-Besitzer angeht, Kunst-Sachverständige sprachen von einer „europäischen Sammlung“.
Wie lange der Verkaufsrekord überlebt? Ungewiss. „Es gibt eine große Nachfrage nach Meisterwerken, sagte der Händler David Nisenson der New York Times, „und es gibt viele reiche neue Käufer, die ihr Geld in Kunst parken wollen.“