Berlin. Preisregen für den Berlin-Thriller “Victoria“: Der Favorit des Abends heimst bei der Verleihung des 65. Deutschen Filmpreises verdient sechs Lola-Trophäen ab - Regisseur und Schauspieler sind völlig aus dem Häuschen.
Sieg für "Victoria": Bei der Lola-Verleihung in Berlin räumt der gewagte, ohne einen einzigen Schnitt gedrehte Echtzeit-Thriller gleich sechs Gold-Lolas ab - darunter den Preis für den besten Spielfilm und die besten Darsteller. Auf der Bühne im Berliner Palais am Funkturm vollführt Regisseur Sebastian Schipper vor Freude erstmal einen Luftsprung.
Auch die als beste Schauspieler geehrten "Victoria"-Darsteller Laia Costa und Frederick Lau können am Freitagabend ihr Glück kaum fassen. Der toughe Lau (25) hat bei seiner Dankesrede ein ganz zitterige Stimme. Die beiden spielen in "Victoria" zwei Jugendliche, die sich in einer atemlosen Berliner Nacht ineinander verlieben, dann aber in ein mörderisches Verbrechen getrieben werden.
Bei der Verleihung des 65. Deutschen Filmpreises gehen außerdem die Trophäen in den Kategorien Regie, Filmmusik und Kamera an das 140 Minuten lange, gerade im Kino gestartete Filmexperiment. Eher überraschend ist die Silberne Lola in der Kategorie bester Spielfilm für Edward Bergers Drama "Jack" über zwei vernachlässigte Kinder. Die Bronze-Lola holt sehr verdient die zynische Unternehmensberater-Satire "Zeit der Kannibalen" von Johannes Naber.
Mehrere internationale Filmfestivals sollen "Victoria" abgelehnt haben. Die Berlinale griff zu und zeigte im Februar die umjubelte Weltpremiere. Bei der Bären-Verleihung erhielt die bei den Filmfestspielen als Favorit gehandelte Regiearbeit dann allerdings nur den Kamera-Preis.
Bei der für das Fernsehen aufgezeichneten Lola-Gala begann und endete ansonsten alles mit Jan-Josef Liefers, der sich als verkleidetes Riesen-Hotdog zum Würstchen machte. Der Auftakt, bei dem der Schauspieler spaßeshalber beklagte, er habe nach seiner letzten Filmpreis-Moderation nur noch einen Job als Werbefigur für einen Hotdog-Laden bekommen, wurde vor der Verleihung der Hauptpreise nämlich gleich noch einmal vor dem versammelten Publikum aus 1800 Galagästen gedreht. Liefers sei nicht mit seiner Performance zufrieden gewesen, hieß es bei den Veranstaltern.
Sehr gerührt waren die Lola-Gewinner in der Kategorie Beste Nebendarsteller: Nina Kunzendorf wurde für ihre Rolle in dem Nachkriegs-Drama "Phoenix" geehrt und dankte ihrer Mitspielerin, der nicht anwesenden Nina Hoss von Herzen, wie sie sagte. Der Schweizer Joel Basman nahm die Trophäe für seine furiose Rolle in dem Drama "Wir sind jung. Wir sind stark." über die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen entgegen.
Auch der sonst so coole Til Schweiger gab zu, echt aufgeregt zu sein, als er für seine Alzheimer-Tragikomödie "Honig im Kopf" seine erste Lola entgegen nahm - den undotierten Preis für den "besucherstärksten Film". In seiner Rede sprach er nach vielen Danksagungen auch direkt Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) an, die zuletzt beklagt hatte, dass es zu wenig mutige Regisseure gebe. Sie solle sich doch mal vorstellen, so Schweiger, wenn den Politikern von heute pauschal vorgeworfen würde, sie seien heute auch nicht mehr so mutig wie Wehner oder Strauß oder Brandt. Deutschland habe viele mutige Filmemacher, sagte Schweiger - und erntete stürmischen Applaus. (dpa)