Essen. Bei ihrer Improvisations-Comedy-Show „Schund & Asche“ schonen Till Reiners und Moritz Neumeier in Essen niemanden – vor allem nicht sich selbst.

Egal, wie sich Till Reiners windet – der „Apfel“ hat gewonnen. „Du bist bestimmt so ein Granny Smith!“ ruft er der Zuschauerin noch theatralisch hinterher, die die Frucht gewählt hat. Doch es hilft nichts: Seine „Stachelbeere“ hat weniger Applaus bekommen, die Runde geht an Moritz Neumeier.

„Menschliches Quartett“ heißt das Spiel, mit dem die beiden Stand-up-Comedians ihren Improvisationsabend „Schund & Asche“ gerade in der ausverkauften Essener Weststadthalle beenden. Für den zuverlässigen Show-Höhepunkt wählen beide zufällig je drei Zuschauerinnen oder Zuschauer aus, die ihren Beruf, ihr Hobby oder die Frucht nennen müssen, die ihnen entspricht – bevor sich die beiden Comedians ebenso wortreich wie unterhaltsam gegenseitig erklären, warum ihr Kandidat die Kategorie klar für sich entscheidet.

Till Reiners und Moritz Neumeier im Humor-Wettstreit

Reiners und Neumeier sind gute Freunde und Kollegen, vor 12 Jahren haben sie sich bei Poetry-Slams kennengelernt, schon seit 2017 betreiben sie gemeinsam den Podcast „Talk ohne Gast“, haben auch Fernsehshows zusammen gemacht. Beim leicht anarchischen „Schund & Asche“ aber gelten andere Regeln: Hier buhlen beide um die Gunst des Publikums, mit spontanen Witzen, die hemmungslos auf Kosten des anderen gehen – statt Pointen-Ping-Pong gibt es ein verbales humoristisches Tauziehen, das besonders komisch wird, wenn einer den anderen so richtig schön niederreißt.

Die Rollenverteilung des Abends ist schnell klar: Reiners gibt mit exzellentem Timing den leicht überheblichen Erfolgstypen mit eigener Sendung bei 3Sat, Neumeier punktet als bodenständiger Underdog mit Talent für freche Grenzüberschreitung. Reiners fällt zudem die Aufgabe des „Jungen von hier“ zu – obwohl er aus dem niederrheinischen Geldern stammt. „Guck doch mal, hier, das ist doch ein freier Träger!“, redet er sich in Rage, in der festen Überzeugung, die Weststadthalle müsse doch mal eine Fabrik gewesen sein. „Freier Träger? Das war hier sicher keine Kita“, feuert Neumeier zurück.

„Schund & Asche“ heißt: Tempo, Schlagfertigkeit

So geht das nonstop, das Tempo bleibt durchweg hoch. Immer wieder schlagfertig greifen beide herumbaumelnde Gesprächsfäden auf. Manches geht unter die Gürtellinie, nicht jeder Gag ist ein Volltreffer. Doch der Tritt ins Fettnäpfchen ist einkalkuliert: Wie weit seid ihr bereit mitzulachen?

Das Essener Publikum beweist Witz-Sportsgeist, nur selten markiert ein kollektiv aufgestöhntes „Uhhh“ eine überschrittene Schmerzgrenze.

Gewinner? Alle, die da waren.