Isabel Allende erzählt eine blutige Geschichte aus Haitis Vergangenheit. Sie handelt von Slavenhandel und Gewalt, von den Träumen von Freiheit und dem Leben auf einer von jeher geschundenen Karibikinsel.
Isabel Allende berührt wieder einmal die Herzen der Leser. In ihrem neuen Roman „Die Insel unter dem Meer“ setzt die Großnichte des früheren chilenischen Präsidenten Salvador Allende dem geschundenen Haiti ein ergreifendes literarisches Denkmal. Mitreißend erzählt sie die blutige Geschichte der Sklavenaufstände auf dem einst Saint-Domingue genannten Westteil der Karibikinsel. Dabei erweckt sie authentisch wirkende Figuren zum Leben, die man so schnell nicht vergisst:
1770 kauft der junge französische Zuckerrohrplantagenbesitzer Toulouse Valmorain das Mulatten-Kind Teté als Dienstmagd für seine gemütskranke spanische Ehefrau. Teté erinnert sich dreißig Jahre später: „Mein neuer Herr lächelte, und als wir gingen, ließ er einen Beutel da. Ich habe nie erfahren, wie viel er für mich bezahlt hat. Draußen wartete ein Mann mit zwei Pferden, der musterte mich von oben bis unten, sagte, ich solle den Mund aufmachen, und besah sich meine Zähne.“
Das gemeinsame Kind verschachert
Wie Teté von Valmorain vergewaltigt wird und der Franzose ihr gemeinsames Kind verschachert, wie die geknechteten Sklaven sich auflehnen und Teté mit ihrem „Herrn“ über Kuba nach New Orleans flieht, wo sie die lang ersehnte Freiheit erwartet, die sich gleichwohl als Trugschluss erweist – all dies beschreibt Allende ebenso packend wie die erbarmungslosen Gefechte des Freiheitshelden Toussaint Louverture. Bis zur letzten Zeile leidet man mit Teté und ihrer Tochter Rosette. Man erfreut sich an der Lebenslust der Kurtisane Violette, an der Klugheit der Priesterin Rose und des weißen Doktors Parmentier, der die schwarze Heilerin bewundert. Wie ein karibischer Wirbelsturm blättert der Roman eine dramatische Geschichte auf.
- Isabel Allende: „Die Insel unter dem Meer“. Suhrkamp, 557 Seiten, 24,90 Euro