Essen.. Ein neuer Krimi-Band von Jürgen Kehrer, dem geistigen Vater des brummeligsten Privatdetektives seit Philip Marlow („Wilsbergs Welt“) liegt vor. Und auch der Herner Jan Zweyer („Töwerland brennt“) und das Niederrhein-Trio Leenders/Bay/Leenders („Grenzgänger“) schicken ihre Ermittler wieder ins mörderische Geschäft.

Für gewöhnlich reicht Wilsbergs Welt vom Aasee bis zum Zwinger auf der anderen Seite der Promenade in Münster. Diesmal aber weitet sich der Blick auf den Rest, vom Hellweg bis nach Wien. „Wilsbergs Welt“, das sind gesammelte Kurzkrimis von Jürgen Kehrer, dem Vater des brummeligsten Privatdetektivs seit Philip Marlowe. Zu einem Drittel aber besteht der Sammelband aus Geschichten ohne Wilsberg, die ihren verhängnisvollen Lauf in Sauer- und Ostfriesland, in Ahlen, am Niederrhein oder an der Nordsee nehmen. Stories von routinierter Könnerschaft, die zeigen, dass eine Welt ohne Wilsberg ärmer, ja beinahe austauschbar wird.

Die wahren Wilsberg-Geschichten des Bandes sind meist schon woanders mal erschienen. Die beiden unveröffentlichten zerstreuen aber den Verdacht, dass es sich hier um verlegerische Resteverwertung handelt. Da sind zwei Satiren über mordseifrige Tierschützer („Der Krötenmann“) und terroristische Anti-Raucher-Kommandos, und auch die anderen Episoden vereinen seufzende Weltskepsis und Humor, zumal sogar eine „breitschultrige Staatsanwältin mit Grabesstimme“ auftaucht und sich am „Selbstversuch zur Wesensveränderung unter Alkoholeinfluss“ beteiligt. Wenn das Professor Börne und Kommissar Thiel wüssten! (Jürgen Kehrer: Wilsbergs Welt. Grafit, 187 S., 9,99 €)

Durchgeknallt

Das bewährte Niederrhein-Trio Leenders/Bay/Leenders hatte sich mit seinen ersten beiden, lange Zeit unveröffentlichten Krimis um Kommissar Toppe und sein Klever K 11 auf die Verrückten dieser Welt eingeschossen. Was sich nicht einmal der räumlichen Nähe zum Psychiatrischen Landeskrankenhaus verdankt, sondern einem wild blühenden Neurosengarten, den die Gesellschaft ja nicht nur am Niederrhein hegt und pflegt.

Nach „Lavendel gegen Ameisen“ ist nun mit „Grenzgänger“ der zweite Vorläufer des genialen Serienauftakts „Königsschießen“ erschienen. Helmut Toppe, Astrid Steendijk und der unvermeidliche Wald- und Wiesen-Schrat Ackermann haben schon ihre Konturen, auch die angenehme Prise Erotik ist schon ausgestreut. Die späteren Folgen kamen allerdings doch noch etwas komischer um die Ecke. Trotzdem ein kuscheliges Vergnügen für einen Nachmittag auf der Couch. (Leenders/Bay/Leenders: Grenzgänger. Toppes zweiter Fall. Rowohlt Tb., 271 S., 8,99 €)

Blutiger Nordseesand

Jan Zweyer, Krimischreiber aus Herne, hat sich wieder halb vom Ruhrgebiet abgewandt und schickt seinen ermittelnden Anwalt Rainer Esch auf die Nordsee-Insel Juist. Ein bisschen Sozialdrama (das dann doch wieder in Revier hineinschmierlappt), ein herrlich schlampiger Ermittler und ein bisschen Inselklima ergeben einen Mittelklasse-Krimi, mit einer saukomischen Spiegel-Szene als heimlichem Höhepunkt. (Jan Zweyer: Töwerland brennt. Grafit, 219 S., 9,99 €)