Düsseldorf. Tabus werden gebrochen, Blasphemie und Poesie sind keine Gegner - so sieht es in George Taboris „Goldberg-Variationen“ aus. Zu sehen am Düsseldorfer Schauspielhaus.

Es gibt Tabus, hat der Weltbürger und jüdische Dramatiker George Tabori gesagt, die zerstört werden müssen, wenn wir nicht ewig daran würgen sollen. Immer wieder hat er den Schrecken der NS-Zeit mit schwarzem Humor bekämpft. An diesem Abend im Schauspielhaus, anno 2015 und 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, bleibt das Lachen an mehreren Stellen im Hals stecken: Ist das korrekt?, fragt man sich unwillkürlich in Zeiten von Pegida und religiös motivierten Attentaten. Jawohl, ist es, gerade jetzt: Blasphemie trifft Poesie.

Düsseldorf, Großes Haus. „Die Goldberg-Variationen“. Im Theater von Jerusalem wird zu Bach-Klängen die Bibel inszeniert, von der Schöpfung bis zur Auferstehung. An der Spitze: Regisseur Mr. Jay, eigentlich Mr. Jahwe – ein Judenhasser. „Väter sind Verräter“, reimt der Herrgott angesichts der Kreuzigung

Derb, respektlos,höllisch albern

Aber der Reihe nach. Es geht ums Scheitern, um die Welt als Tollhaus, als misslungene Veranstaltung. Was schief gehen kann, geht schief. In Mr. Jays Theater versagt die Technik, das Bühnenbild ist furchtbar, die Schauspieler: talentfrei. Die Schnecke kriecht nicht „rampenparallel“, Kain schlägt Abel fast zu Brei, Adams Feigenblatt ist zu klein, ständig zieht sich der/die Falsche aus, die „Hell’s Angels“ sind zu laut. Selbst das Opferlamm entpuppt sich als Terrier mit Lammfell drüber, den man an der verhedderten Leine von der Bühne zerren muss. Kurz: Es herrscht das totale Chaos.

Witzig ist das, derb, respektlos, höllisch albern. Dass im Endeffekt dennoch kein perfekter Abend entsteht, mag an der Figur des Mr. Jay liegen. Regisseur Tilo Nest hat die Rolle Karin Pfammatter überlassen. Sie ist hektisch, ein bisschen geil, ein bisschen grausam, aber eben alles nur ein bisschen. Ein Tyrann ist die zarte Frau trotz krasser Textvorlage nicht. Da macht Rainer Galke als Gegenpol Goldberg mehr her. Er, ein unterwürfiger jüdischer Assistent, wird am Schluss als Jesusersatz ans Kreuz genagelt. Er ist es auch, der eine neue Zeit einläutet: „Bühne frei. Also noch mal von vorn!“

Karten/Termine: 0211-369911.