Hagen..
Warnhinweis: Der Roman „Gondwana“ von Simon Urban ist ein gottloses Werk. Religion raube dem Menschen die Freiheit, sagt und schreibt der aus Hagen stammende Autor. Und das prangert er an. Also: Vorsicht!
Vielleicht hat der Erfolg Simon Urban ein wenig verwöhnt. Seinen Debüt-Roman „Plan D“ ließ der Verlag Schöffling gleich in elf Sprachen übersetzen, so stark trumpfte das Erstlingswerk des heute 38-Jährigen vor drei Jahren auf. Nun legt Urban nach und präsentiert eine furiose Abrechnung mit den Weltreligionen – verpackt in einen spannenden Kriminalfall. Das ist mutig, Religionskritik ist gefährlich. Simon Urban weiß, dass er sich mit dem neuen Buch nicht nur Freunde machen wird. Sondern vielleicht sogar Feinde.
Gondwana ist ein Atoll im Pazifik – wunderschön, makellos, ein Paradies. Hier haben sich alle monotheistischen Weltreligion unter einem Dach vereint und einen Pakt geschlossen: Alle Regeln aller Religionen gelten für alle, inklusive vollverschleierter Frauen. Doch dann passiert, was nicht passieren darf: ein brutaler Mord. Das ist nicht vorgesehen in der Lebensplanung der heilen Gondwana-Welt. Die Harmonie zwischen Moslems, Christen und Juden ist dahin.
Die Glaubensaufsicht in Lyon schickt den coolen Platon Ahern als inoffiziellen Ermittler auf die Insel. Der hält sich für einen Frauentyp, ist radikal, atheistisch und radikal-atheistisch. Aber eben auch schlau. Seine Nachforschungen drohen die ganze Welt ins Chaos zu stürzen. Denn das Motiv für die Tat bringt die globale Grundordnung ins Wanken: Weltanschauung.
Mit seinem neuen Roman will Urban provozieren, pauschalisieren, polemisieren. Viel zu lange, so seine These, haben allein die Männer die Geschicke der Menschheit gelenkt, auf Kosten der Frauen. Viel zu lange schon sei der Glaube das größte Hindernis auf dem Weg zur Freiheit. Das prügelt Urban dem Leser wortreich ein, manchmal unverhohlen mit dem Hammer.
„Gondwana“ steckt voller überraschender Wendungen, sprachlich greift Urban, der seine Karriere als Autor bei dieser Zeitung in Hagen begann, in einen mit Metaphern und verbalen Eigenkreationen prall gefüllten Werkzeugkasten. Zwischendurch geht die Handlung in Comiczeichnungen über, die ähnlich opulent daherkommen wie das geschriebene Wort. Urban hat Spaß daran, sein Publikum auf die falsche Fährte zu schicken; die Spannung hält der Roman bis zum Finale.
Ein bisschen Toleranz aber sollte der Leser schon mitbringen. Gläubige Menschen sehen die Welt ganz bestimmt anders als Simon Urban.