Köln. Tiefgründige Gespräche lassen sich prima nebenbei führen, findet Moderator und Autor Ralph Caspers. In seinem Buch gibt er dafür 99 Denkanstöße.

Oft braucht es gar keinen besonderen Moment, um miteinander ins Gespräch zu kommen – und nebenbei den eigenen Horizont zu erweitern, findet der Moderator und Autor Ralph Caspers. Der 49-Jährige, bekannt aus den Sendungen „Wissen macht Ah!“, „Die Sendung mit der Maus“ oder „Quarks“, stellt in seinem neuen Buch „99 seichte Fragen für tiefgründige Unterhaltungen zwischen Eltern und Kindern“, die über den alltäglichen Smalltalk hinaus gehen. Ein Gespräch übers Nachdenken, große Freuden und Kindheitserinnerungen.

Herr Caspers, in Ihrem Buch geben Sie Tipps für tiefgründige Gespräche zwischen Eltern und Kindern. Reden wir in der Familie zu wenig miteinander?

Ralph Caspers: Familienmitglieder sind die Menschen, mit denen man am meisten Zeit verbringt. Aber Eltern und auch Kinder sind häufig total in den Alltag eingebunden. Man geht einkaufen, muss vieles schnell erledigen. Da kommt eine Unterhaltung oftmals zu kurz. Und damit meine ich jetzt keine Unterhaltungen darüber, was es zum Mittagessen gibt, oder wie es in der Schule war. Das sind eher langweilige Fragen, die jede Unterhaltung töten. Aber wenn man Fragen stellt, die Lust machen, darüber nachzudenken, kann man viel von sich und dem Gegenüber erfahren. Damit bietet das Buch eine gute Alternative zum Smalltalk.

Wie sind Sie dazu gekommen, aus den Fragen ein Buch zu machen?

Als ich das erste Buch fertig geschrieben hatte (99 harmlose Fragen für überraschende Unterhaltungen zwischen Eltern und Kindern, Anm. d. Redaktion), waren noch so viele Fragen übrig, sodass ich einfach direkt ein Zweites geschrieben habe. Bevor ich anfing zu schreiben, habe ich erstmal Fragen gesammelt. Dabei habe ich gemerkt, dass ich plötzlich ganz viele und überall Fragen hatte. Und so wurde meine Liste immer länger. Da dachte ich mir, ich nehme den Schwung mit und schreibe einfach das Nächste.

Haben Sie bei der Zielgruppe an ein bestimmtes Alter gedacht?

In erster Linie habe ich das Buch für mich geschrieben. Wenn ich etwas mache, überlege ich mir nicht, was andere Leute lesen möchten. Das kann ich ja gar nicht wissen. Aber ich weiß, was mir Spaß macht und was ich gerne lese. Und wenn es mir selbst Spaß macht, ist die Chance groß, dass es auch anderen Leuten gefällt, unabhängig von Verwandtschaftsgrad und Alter. Außerdem sind die Fragen so vielfältig, dass für jedes Alter etwas dabei ist. Dabei kommt es natürlich auch immer auf den Menschen an, der die Fragen vor sich hat. Ich hätte als Fünfjähriger wahrscheinlich selbst die einfachsten Fragen nicht beantworten können. Andere in dem Alter machen sich schon Gedanken darüber, was passiert, wenn man stirbt.

Ist das noch eine seichte Frage?

Ja, denn die Fragen sind auf den ersten Blick harmlos gestellt. Das heißt, sie machen keine Angst und man findet trotzdem heraus, was in den Köpfen vorgeht. Ganz im Gegensatz zu schwierigen Fragen wie: Löse diese Aufgabe mit Hilfe der PQ-Formel und beschreibe, wie du dabei vorgehen würdest.

Was ist aus Ihrer Sicht eine seichte und gleichzeitig tiefgründige Frage, die sich gut für ein Gespräch mit Kindern eignet?

Immer gut sind Fragen wie: Welche Kleinigkeit macht dir eine große Freude? Denn erstens macht die Frage gute Laune, weil man über schöne Dinge nachdenkt. Und wenn man dann merkt, welche Kleinigkeiten einem gute Laune bereiten, dann kann man sich fragen, ob es sich wirklich nur um eine Kleinigkeit handelt. Denn gute Laune zu bekommen, ist doch eigentlich etwas Großartiges. Und so kommt man vom Hölzchen aufs Stöckchen und denkt über viele unterschiedliche Sachen nach. Das ist das Schöne dabei.

Was hat Sie zu Fragen wie dieser inspiriert?

Alles. Wenn ich mich mit anderen unterhalten habe, dann ploppten manchmal einfach Fragen auf, die ich dann sofort aufgeschrieben habe. Oder wenn ich Sachen für die Sendungen „Wissen macht Ah!“ oder „Quarks“ recherchiere, tauchen oft auch interessante Fragen auf. Und manchmal sitze ich einfach nur rum, gucke zum Beispiel auf einen Haufen Sand und dann habe ich plötzlich so ein altes, griechisches Gedankenexperiment vor mir, was ich vor Urzeiten mal gelesen habe. Die Frage dazu: Ab wann ist ein Haufen Sand kein Haufen mehr? Also wie viele Körner muss man dafür wegnehmen? Aber natürlich gehören zur Inspiration auch alle möglichen Erinnerungen aus der Kindheit dazu.

Haben Sie da ein Beispiel aus Ihrer eigenen Kindheit parat?

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Eine Frage ist zum Beispiel: Was wirst du deinen Eltern niemals vergessen? Das Schöne an dieser Frage ist, dass man sie in zwei Richtungen denken kann, nämlich entweder: Wofür wirst du deinen Eltern immer dankbar sein? Oder: Was war damals so fies von ihnen, was du nicht verzeihen wirst? Bei mir persönlich ging es da um ein Haustier, das wir hatten. Laut meiner Eltern wurde es anscheinend gerettet – letztendlich wurde es dann aber doch nicht so gerettet, wie ich das als Kind vermutet hatte. (Mehr verrät Ralph Caspers an dieser Stelle nicht, er lacht und schweigt). Aber wir hatten trotzdem eine gute Zeit.

Wann ist in Ihren Augen ein passender Zeitpunkt, um sich Fragen wie dieser zu widmen?

Wenn man zum Beispiel im Stau oder in der Schlange an der Supermarktkasse steht und nicht weiß, worüber man eigentlich reden soll, ist es ganz praktisch, solche Fragen in petto zu haben. Im Buch habe ich auch immer meine eigenen Antworten dazu geschrieben, sodass man in eine Richtung geschubst wird, in die es gehen kann. Dabei kann man sich fragen, ob einem diese Richtung gefällt, oder ob man mit der Antwort eher woanders hin möchte. Auf jeden Fall kommt man so in einen Gedankenaustausch. Und wenn man einmal anfängt, Gedanken auszutauschen, dann kommt man einerseits wieder auf neue Gedanken und andererseits merkt man, was einem gut gefällt oder in welche Richtung man gerne überlegt. Das kann wiederum dazu führen, dass man sich über die eigenen Werte und entsprechend auch Ziele Gedanken macht und viel klarer vor Augen hat, was einem wichtig ist. Bei vielen Fragen kommt dabei Erstaunliches zu Tage.

Ralph Caspers: 99 seichte Fragen für tiefgründige Unterhaltungen zwischen Eltern und Kindern, Duden Verlag, 208 Seiten, 15 €