Essen. Ein alter Recke – taufrisches Album: US-Sänger Dion hat sich bei „Stomping Ground“ mit vielen prominenten Freunde zum Bluesen getroffen.
Dieser Recke scheint unverwüstlich – und das ist höchst erfreulich: Selbst im hohen Alter von 82 Jahren treibt Dion Francis DiMucci, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Dion, die Spielfreude, die Lust am Musizieren, am Jammen mit Freunden in die Studios. Mit „Stomping Ground“ (KTBA Records/Roughtrade) steht seit dem Wochenende ein neuer Silberling des US-amerikanischen Sängers in den Regalen, der deutlich macht, dass Dions Freundeskreis so groß wie erlesen ist.
Verbeugung vor dem „Wanderer“
Denn die Namen, die sich bei dieser Bluesscheibe die Ehre gaben, lesen sich wie die Gästeliste des Musikolymp. Sie reicht von Bruce Springsteen bis zu Ricky Lee Jones. Aber die Bereitschaft dabei zu sein, ist auch eine Verbeugung der Beteiligten: Dion ist schließlich seit den 1950er-Jahren höchst erfolgreich aktiv, ihm verdanken wir Gassenhauer für die Ewigkeit wie „The Wanderer“, „Runaround Sue“ oder „Teenager In Love“.
Große Verdienste sind das, die Pete Townshend in seinen Linernotes höchst poetisch so würdigt: „Dion ist wie ein kreisender Stern, der niemals verblasst, der die Energie und das Feuer erzeugt, das wir brauchen, um uns neu aufzurichten und neu zu beginnen ...“
In der mittleren Phase seiner Karriere hat Dion sich ja vom Doo-Woop eher dem reinen Rock’n’Roll zugewandt, um schließlich – wie bei seinem neuen Album – im Alter beim Blues zu landen. Aber auch den präsentiert der legendäre Barde trotz gewisser Patina auf den Stimmbändern mit erstaunlich fester, sonorer Stimme.
Irgendwie könnte man die 14 Lieder umfassende neue Sammlung auch als kleines abendliches Quiz verwenden – die Dauerfrage lautet: Welcher Star-Gitarrist ist denn hier gerade am Werke?
Den Opener besetzt selbstredend der Virtuose, unter dessen Federführung die Produktion zustande kam: Joe Bonamassas Label steht nämlich hinter KTBA, und sein kraftvolles Bluesgitarrenspiel beim lässig shufflenden „Take It Back“ ist einfach unverkennbar. Das mit dezenten Latin Grooves versehene „Dancing Girl“ hingegen birgt dieses typische melodische Spiel von Mark Knopfler. Endlich mal wieder ein etwas längeres Solo des Künstlers, der bei seinen eigenen Produktionen leider immer weniger ans begnadete Gniedeln denkt.
„Gott“ darf nicht fehlen
Natürlich darf in so illustrer Gesellschaft dann auch „Gott“ höchstselbst nicht fehlen. Eric Clapton erweist sich auf „If You Wanna Rock’n’Roll“ mit seinen typischen Phrasen als Meister des Bluesfachs. Die Liste fürs Ratespiel ließe sich beliebig fortsetzen; Billy Gibbons (rollt schön: „My Stompin’ Ground“) erkennt man weniger am Sound als an der Gestaltung des Solos. Und auch Keb Mo bereitet Freude mit der einzigen, würdigen Coverversion, die dieses Album zu bieten hat – mit Jimi Hendrix’ „Red House“.