Berlin..

Nackt duschende Profitänzer und fleißige Akrobaten machen „Yma“ noch nicht Las-Vegas-verdächtig. Die neue Show an Berlins Broadway hatte im Friedrichstadtpalast Premiere leidet vor allem unter ihrem lästigen Conférencier.

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Brust raus, Beine hoch: Das erste Synchron­turnen kommt kurz vor der Pause. Da wird es aber auch Zeit. Eine Tanzrevue ohne Girls-Reihe wäre schließlich wie ein Conferencier ohne halbseidene Ansichten. Der Berliner Friedrichstadtpalast macht mit seiner neuen Show „Yma“ also fast alles richtig – mehr als ein erotisches Tischfeuerwerk kommt dabei trotzdem nicht heraus.

Aber wen stört das schon im großschnäuzigen „East End“ Berlin rund um die Friedrichstraße, am deutschen Broadway, wie US-Entertainerin Gayle Tufts neulich schmeichelte. Weit über 100.000 Karten sind bereits verkauft, mindestens anderthalb Jahre soll „Yma“ im Programm bleiben, in der elegantesten Gymnastikhalle der Hauptstadt läuft es derzeit wie geschmiert. Der Chef jedenfalls spuckt große Töne: „Mit wem“, fragt Intendant Berndt Schmidt vollkommen bescheiden, „sollen wir uns denn vergleichen in Europa?“ Etwa mit dem Moulin Rouge in Paris? „Ganz dicke Staubschicht. Die sind in den Sechzigern stehen geblieben.“ Also dann schon Las Vegas.

Die Hauptstadt mit Superlativ-Tornado in Schutt und Asche gelegt

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Zwei Blocks weiter, im „Admiralspalast“ dagegen sind sie mit US-Vergleichen gerade vor die Wand gefahren: Das Broadway-Erfolgsmusical „The Producers“ sollte im letzten Jahr die Bilanz retten – doch die deutsche Fassung von Mel Brooks’ Hitler-Parodie fiel vor allem durch die geschmacklose Werbung auf. Der Palast war zur Friedrichstraße hin geflaggt mit Bannern und Fahnen in NSDAP-Optik.

Ein Relikt der DDR, das rückhaltlos mit Applaus bedacht wird

“Yma -  zu schön, um wahr zu sein“. Foto: Reuters
“Yma - zu schön, um wahr zu sein“. Foto: Reuters © REUTERS | REUTERS

Auch finanziell lief’s nicht gut: „Der große Reibach war es jedenfalls nicht“, sagt Sprecherin Lone Bech. Betreiber Falk Walter konnte die hohen Mieten bis zuletzt nicht erwirtschaften, das Insolvenzverfahren läuft. Der Admiralspalast bleibt jedoch vorerst Spielstätte, zur Not wollen die Eigentümer die Verträge mit den Künstlern übernehmen.

Die fünfstellige Summe jedoch, mit der sich der Admiralspalast an der Kampagne für Berlins „East End Theaterviertel“ beteiligt hat, wird jetzt schon nicht mehr überwiesen. Schade für Thomas Hermanns: Der Hamburger Comedian, der vor acht Jahren mit seinem „Quatsch Comedy Club“ im Seitenflügel des Friedrichstadtpalasts unterkam, wollte mit der Kampagne den Berlinern ein Londoner West-End-Gefühl schenken.

Nackt duschende Profitänzer und fleißige Akrobaten

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Etiketten hin oder her – der Friedrichstadtpalast gehört 20 Jahre nach der Wende zu den wenigen Relikten der DDR, die auch ohne solche Kampagnen rückhaltlos Applaus bekommen. Dabei verschweigt der 26 Jahre alte Bau an keiner Stelle seine ästhetische Herkunft aus den 80er Jahren – aber er tut das mit Charme und dem technischen Nonplusultra eines der letzten DDR-Prestigeobjekte. Der jüngste Erfolg: Seit 2009 ist der Friedrichstadtpalast Premierenkino der Berlinale – Angela Merkel sah sich hier „Effi Briest“ mit Julia Jentsch an, Doris Dörries Komödie „Die Friseuse“ feierte hier Weltpremiere.

Auch die neue Show bietet streckenweise großes Kino: nackt duschende Profitänzer, ein Kneipp-verdächtiges Wasserballett, fleißige Akrobaten – leider aber moderiert vom lästigsten Conférencier jenseits von Las Vegas. Andreas Renee Swoboda alias „Yma“ plaudert allzu geistlos und davon zu viel.

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Von Andrea Micke, Thomas Schmitt, Michael Schmitz