Duisburg.. Eine Schau im Duisburger Lehmbruck Museum lässt „Zeichen gegen den Krieg“ Revue passieren: Für die Kunst ist der Protest gegen die organisierte Menschenschlächterei ein harter Prüfstein, das zeigen die gut vier Dutzend ausgestellten Werke.


Nur Verrückte und Waffenproduzenten lieben den Krieg. Dagegen zu sein ist eigentlich nur dann schwer, wenn alle Welt uns einredet, dieser oder jener Krieg sei unausweichlich. Der Erste Weltkrieg, so viel wissen wir fast am Ende dieses erinnerungsreichen Gedenkjahrs, war es nicht. Wilhelm Lehmbruck wird das geahnt haben, als er seinen berühmten „Gestürzten“ entwarf. Jene nackte, kriechende, gelängte Gestalt, die 1916 beim Wettbewerb um ein Kriegerdenkmal am Kaiserberg selbstverständlich ausschied, weil sie nicht heldenhaft genug war. Heute steht die Bronze-Fassung der Skulptur im Mittelpunkt, wenn das Duisburger Lehmbruck Museum „Zeichen gegen den Krieg“ Revue passieren lässt.

Und was sieht man? Dass Zeichen alleine nicht reichen. Für die Kunst ist der Protest gegen die organisierte Menschenschlächterei ein harter Prüfstein. Bleibt es beim klaren, plakativen Zeichen wie in Duane Hansons lebensechter Schlachtfeld-Darstellung „War (Vietnam Piece)“ mit fünf toten oder sterbenden Soldaten auf der oliv-feldgrauen Plane, dann bleibt es auch beim Nicken des Publikums: Klar, das will keiner sehen, keiner haben. Ausgerechnet das Konkrete an diesen fünf GIs, die sich den Bauch halten oder schon dahingestreckt liegen, lässt die Antikriegskunst wie einen banalen Allgemeinplatz wirken.

Wie anders wirkt da Lehmbrucks „Gestürzter“: Den Kopf auf der Erde, den Nacken gebeugt, erzählt er auch vom Kampf um Größe in der Niederlage, seine Blöße zeugt von der Schutzlosigkeit des Menschen, nicht nur im Krieg. Und seine vagen Umrisse, seine architektonische Form sagt: Das ist kein Einzelfall, kein Individuum, das ist der Mensch. Eben kein „Gefallener“ oder „Stürmender/Getroffener“, wie Lehmbruck sie auch geformt hat. Und: Ist das ein Gewehrtrümmer in seiner Hand? Wird ihn seine Wehrlosigkeit überleben lassen? Es bleiben Rätsel, diese Kunst ist keine Rechnung, die aufgeht, sondern lauter Fragen stellt – mal mit, mal ohne Antwort.

Vier Dutzend Werke

Und zum Glück gehen die meisten der gut vier Dutzend, bis zur Rauminstallation reichenden Werke, die hier präsentiert werden, weniger glatt auf als Hansons „War“. Die listige Kombination von sechs Bildschirmen, auf denen gleichzeitig diverse Kriegsfilm-Szenen aller Zeitalter laufen, deckt das Elend des Krieges noch in der ideologischsten Propaganda und in der billigsten Unterhaltung auf. Für Mona Hatoum dagegen ist die ganze Welt prekär, weshalb bei ihrem 2,30 Meter hohen Stahl-Globus „Hot Spot III“ fast alle Ländergrenzen rot aufglühen, was zumindest optisch ein Ereignis ist. Marina Abramovic wiederum, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs geboren, begleitete die jüngsten Balkan-Kriege mit dem Video „Der Held“, das sie mit weißer Fahne auf weißem Schimmel Volkslieder singend zeigt. Subtiler ist da schon die Fotografie „Balkan Baroque“, die sie auf einem ekelhaft schönen Haufen von Rinderknochen zeigt. Der einstige Lehmbruck-Stipendiat Dragan Lovrinovic versammelt in seiner raumgreifenden Installation vom vergrößerten Spielzeugpanzer bis zum selbstgebauten Schießmobil ein ganzes Arsenal von Erinnerungsstücken an den Krieg in Bosnien – eine Art Mahnmal mit skurrilen Zügen, das auch nicht alle Fragen beantwortet. Ebensowenig wie Iván Navarros per Lichtinstallation gespenstisch in den Erdboden reichende „Twin Towers“. Und auch Danh Vos kupferne Trümmerstücke der Freiheitsstatue, die er in aller Welt verteilt hat, stellen subtil anheim, ob denn die Kriege aus der Tagesschau die einzigen sind, die uns beschäftigen sollten.


Bis 7. Dezember. Lehmbruck Museum, Friedrich-Wilhelm-Straße 40, Duisburg. Geöffnet: Mo und di nach Absprache, mi-sa 12-18 Uhr, do bis 21 Uhr, so ab 11 Uhr. Eintritt: 8 €. erm. 5 €, Familien: 15 €. Ein Katalog erscheint im Dezember