Essen. Satte 80 Jahre hat David Crosby auf dem Buckel. Doch er aktiv wie nie. Seine Produktion macht Spaß – weil sie erstaunlich eingängig ist.
Unfassbare 80 Jahre alt ist der Folkrocker David Crosby inzwischen alt. Da denken die meisten nicht mal mehr im Ansatz übers Arbeiten nach. Bei einem Recken wie Crosby ist das anders.
Der Kerl produziert ein Album nach dem anderen. Der singt immer noch mit schier unschlagbarer Geschmeidigkeit in der Kehle. Der hat Songideen, die den musikalischen Kosmos, den er seit Jahrzehnten erkundet, immer wieder neu ausleuchten. Spannend – das bleibt auch hängen, wenn man sich durch die zehn Lieder seiner neuer Produktion „For Free“ (BMG/Warner) durchgehört hat, die am kommenden Freitag erscheint.
Eingängiger als das Vorgängeralbum
Bemerkenswert: Diese Scheibe ist weitaus eingängiger als das so anspruchsvolle wie anstrengende Vorgängeralbum „Sky Trails“ – was jetzt nicht unbedingt schlecht sein muss. Schon der Opener „River Rise“ kommt sogar daher wie ein alter Gefährte. Ein toller, souliger Popsong mit großartigen Hooklines und vor allem perfekten Chören, die dem Zutun der Vokallegende Michael McDonald zu verdanken ist. Den erkennt man unter drei Millionen anderen...
So kann’s weitergehen, denkt sich der autofahrende Genusshörer und wird tatsächlich nur selten enttäuscht. „For Free“ enthält wenig Verqueres, wenig Spinnnertes, für das Crosby bisweilen ja auch ein Faible hat. Das gleich folgende „I Think“ wäre beispielsweise auch eine Nummer, die man sich aus der Feder von Fleetwood Mac vorstellen könnte und wird zart garniert mit der Pedalsteel-Arbeit der Studiomusikergranate Greg Liesz.
Überhaupt: Das Line-up der Produktion liest sich beeindruckend. Abe Laboriel jr. gab als Trommler ein Gastspiel, Dean Parks bediente die ein oder andere Gitarre, Brian Wilson zählt kurioserweise „I Won’t Stay For Long“ an, Donald Fagen schrieb Crosby die großartig groovende, natürlich schwer nach Steely Dan klingende Outlaw-Hymne „Rodriguez For A Night“ auf den Leib.
Eine Verbeugung vor Joni Mitchell
Das Prunkstück gab dem Album den Titel – und ist eine Coverversion. Die Komposition klaute sich Crosby von der verehrten Joni Mitchell. Der alte Recke macht aus ihrer Ballade „For Free“ gemeinsam mit der hochdekorierten Sängerin Sarah Jarosz eine noch etwas entschleunigtere Nummer als das Original. Zwei Stimmen nur, begleitet von einem Klavier, die auf erstaunliche Weise miteinander verschmelzen: Wohlklang für die Seele jedenfalls.