Oberhausen. Hätte dieses Wochenende ein Motto gebraucht, man hätte es sich glatt von der Band Auletta borgen können: „Pöbelei und Poesie“ heißt das aktuelle Album der Mainzer – und in etwa so war auch das zehnte Olgas Rock.

Polizeibericht

Zwei FestnahmenTrauriger Höhepunkt des Polizeieinsatzes beim zehnten Olgas Rock: Die Beamten nahmen zwei Besucher vorläufig fest, wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Zudem gab es fünf Strafanzeigen wegen Beleidung und Körperverletzung. Insgesamt sei das Festival aber „friedlich und störungsfrei” über die Bühne gegangen, heißt es bei der Polizei. Betrunkene Jugendliche habe es vor allem außerhalb des Geländes gegeben, insgesamt rund 650, schätzt die Polizei. Der Arbeiter-Samariter-Bund musste rund 50 Jugendliche behandeln, wobei Wespenstiche und leichte Blessuren die Ausnahmen bildeten: Der Großteil brauchte ärztliche Hilfe, weil er zu tief ins Glas geschaut hatte. 16 Besucher mussten ins Krankenhaus. Die Polizei überprüfte rund 1000 Autofahrer auf Alkohol- und Drogenmissbrauch. Erfreulich: lediglich einer war so betrunken, dass er den Lappen los ist. Dafür waren viele viel zu schnell und ohne Gurt unterwegs.




Wer wollte, sah beim zehnten Olgas Rock wieder vor allem Jugendliche mit aufwendigen Frisuren, die sich schon am Nachmittag vor dem Olga-Park zum Picknick mit Apfelkorn und Bier trafen. Oder aber ein sympathisches Umsonst-und-draußen-Festival irgendwo zwischen purer Partylaune und ambitionierten Musikgeschmack. „Pöbelei und Poesie" eben.

Seit der Premiere im Sommer 2000 ist Olgas Rock stetig gewachsen: Bekanntere Bands, mehr Zuschauer, größere Bühnen. Das Tempo scheint ein bisschen gebremst, vor allem den Nachmittagsprogrammen von Freitag und Samstag fehlten die Publikumsmagneten. Dafür wurde es an den Abenden umso voller, was sicher auch mit dem überraschend stabilen Wetter zu tun hatte. Insgesamt, so schätzen die Veranstalter, waren 15 000 Menschen bei Olgas Rock 2009.

Geist ist Geil

Viele waren allein schon wegen The (International) Noise Conspiracy gekommen. Die Band aus Schweden um Ex-Refused-Sänger Dennis Lyxzén spielte im einheitlichen Look auf – obenrum nur mit Westen bekleidet. Was die Headliner von Freitag aber für die meisten ihrer Fans wirklich sexy macht, sind ihre Texte mit Haltung: Kritik an Globalisierung und Kapitalismus sowie ein beherztes Auftreten gegen Rassismus und Diskriminierung. Geist ist geil. Erst Recht, wenn er im Rockstil der 60er und 70er daher kommt.

Der Samstag begann mit grauem Himmel und Nieselregen. Es sah, wie soll man sagen, nach Schnee aus. Dass dann am Abend tatsächlich dicke Flocken auf die Wiese im Olga-Park fallen würden – damit hatte niemand ernsthaft gerechnet. Aber dazu kommen wir noch.

Auletta oder The Strokes?

Das 10. Olgas Rock Festivals in Oberhausen. (Foto: Monika Idems)
Das 10. Olgas Rock Festivals in Oberhausen. (Foto: Monika Idems) © WNM | WNM





Der zweite Festivaltag wollte zunächst nicht so recht Fahrt aufnehmen. Die meisten Bands wurden eher wohlwollend zur Kenntnis genommen denn gefeiert, was nicht unbedingt an ihnen selbst lag. So gaben sich Love Boat aus Oberhausens sardischer Partnerstadt Carbonia alle Mühe, obwohl sie fast zu spät gekommen wären. Mofa wurden dann als „großes Tennis“ angekündigt – und tatsächlich: die Kölner kamen in kurzen weißen Hosen auf die Bühne.

Dann spielten Auletta. Oder waren das The Strokes, die sich spontan unbenannt hatten und deutsche Texte sangen? Dazu fehlte der Band aus Mainz doch eine Portion schnoddriger Coolness, aber immerhin waren sie die Ersten, bei denen es voll wurde vor der Bühne. Da war es schon 19 Uhr.

Geheimtipp: Katzenjammer

Eine Stunde später wussten wir wieder, warum Olgas Rock sehr zu recht auf der Landkarte der bemerkenswerten Festivals steht. Katzenjammer aus Norwegen kamen – und waren so etwas wie der heimliche Headliner, der Geheimtipp, die Überraschung des Abends. Wie immer man es auch nennen will: Niemand hätte darauf gewettet, dass vier Damen aus Oslo mit Dixieland-Jazz, mehrstimmigem Soulpop, anrührendem Country und einer Prise Rock’n’Roll das Olgas Rock-Publikum zum Feiern bringen würde. Grandios!

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Der echte Headliner kam schon zum dritten Mal: Heimspiel für Sondaschule. Die Ska-Punker hetzten von einem Festival in Hessen schnell nach Oberhausen, um hier nicht nur das zehnte Olgas Rock, sondern auch zehnten Band-Geburtstag zu feiern. Und wie!

Mit einer halbstündigen Verspätung blies die Band mit Trompeten zum Angriff. Sofort tanzten Tausende so lange, bis eine Staubwolke über der Olga lag. Zum Ende gab es dann ein Schaumbad in der Menge. Mit riesigen Kanonen schossen die Sondaschüler blütenweißen Schaum auf ihre Fans. Schnee im August kann so schön sein.


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