Butterfahrt 5 beweisen, dass Musikkabarett ein Ganzkörpersport ist. Als peruanische Straßenmusiker stürmten sie die Grugahalle. Na ja, nicht ganz.
Rund um die Grugahalle herrscht ein regelrechtes Tohuwabohu: Eine merkwürdige Truppe poltert über den Vorplatz, auf dem Kopf peruanische Alpakamützen, an den Lippen führt einer eine Panflöte, ein anderer zupft die Ukulele und zum stampfenden Humpta-Beat der Pauke erklingt eine altbekannte Weise: „I Was Made For Loving You“. Ohne jetzt zu viel zu verraten: Bei den fünf Herren handelt es sich nicht um die südamerikanische Straßenmusik-Wiedergeburt der Schwermetall-Kapelle Kiss. Denn statt schwarzweißem Make-up tragen die feurigen Fünf unterhalb ihrer Kopftracht schwarze Anzüge mit weißen Hemden und weißen Schuhen. Auch wenn sie ein leidenschaftliches „Aiaiai, Gruga! Gruga! Gruga!“ hinterherschicken, versteht man sie eigentlich recht gut: Butterfahrt 5 absolvieren hier so etwas wie ihren Bewerbungsauftritt für die große Bühne, auf der in den nächsten Tagen etwa die Heavy-Muskelmänner von Manowar den Bizeps und die Saiten anspannen werden (Konzert: 14.1.).
Für solch ein Soundgewitter wären Butterfahrt 5 ja die idealen Anheizer: „Wir haben immerhin fünf Metal-Songs im Repertoire: Wir spielen von Deep Purple ,Smoke On The Water’ – auf drei Blockflöten. Wir spielen ,Sankt Martin’ in der Rammstein-Version. Wir haben AC/DCs ,TNT’ und ,Highway To Hell’ drauf. Und natürlich: ,I Was Made For Loving You’.“
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was sie drauf haben, denn Butterfahrt 5 sind der lebende Beweis dafür, dass Musikkabarett hervorragend funktioniert – und dass die Komik weit über das Beherrschen und lustige Bezwingen der Instrumente und eigener Zeilen hinausgeht. Denn die Jungs arbeiten mit dem ganzen Körper – und dem Gesicht noch dazu.
„Manchmal werden wir auch zur fünfköpfigen Herren-Therapiegruppe“, erzählt Phillip. „Dann wird es peinlich. Aber eigentlich ist es die ganze Zeit über peinlich“, fügt er hinzu – und alle anderen lachen. Gut, dass die Therapie immer erfolgreich ausgeht, nämlich mit dem friedenstiftenden Song „Ohne Dich“ von der Münchener Freiheit.
Dabei haben die spaßmachenden Musiker eigentlich gruppenintern gar keine Probleme. „Im Gegenteil, mir macht das Ganze so viel Spaß, dass ich zur Not auch noch im Rollstuhl hier mitspielen werde“, verrät Robert.
Bekannte Songs auf links gezogen
Zusammengefunden haben sie sich nicht weit von der Gruga, 1998 im Rüttenscheider Satiricon, das ja heute als Katakomben-Theater firmiert. Als Musiker bei einer Revue, bei der sie spielen mussten, was 1968 in den Charts war („Von Heintje über Heino zu Hendrix“), stellten sie fest, wie viel Spaß es machen kann, Stücke auf links zu drehen. „Und heute ist es so bekloppt, wie es ist“, sagt der eine Markus. „Richtig“, pflichtet der andere Markus bei. „Das könnt Ihr aber unmöglich so an die Öffentlichkeit bringen“, sagt Schlagzeuger Volker noch scherzhaft – aber da ist er schon überstimmt.
Bis heute bringen alle auch recht basisdemokratisch ihre Ideen mit ins Programm, was für eine enorme Bandbreite sorgt: Von der bayrischen Band mit Kuhglocken über eine Nummer, bei der Reinhard May auf Scooters-Technogetrampel trifft bis hin zu Michael Jacksons „Beat it“, geschlagen mit so genannten Boom-Whacker-Sticks auf den eigenen Oberschenkeln. „Die Instrumente, die wir noch nicht hatten und beherrscht haben, die haben wir uns dann selbst beigebracht. Und sei es nur für eine einzige Nummer.“ So kommt es, dass Butterfahrt 5 oft mit großem Gepäck reisen, obwohl... Bis auf die Pauke und die Tuba ist es einfach unglaublich viel Kleinzeug, das gar nicht so viel Platz nimmt. „Bei einer Nummer spielen wir fünf Kinder-Xylophone“, sagt Volker. So etwas wiegt natürlich nicht viel – und die Leute haben trotzdem den Eindruck, dass das Gepäck gewaltig sein muss. „Irgendwann kam der Spruch von Robert: Ab 40 werd’ ich nichts mehr schleppen“, führt er weiter aus, „und letztlich ist etwas Wahres dran, so dass wir gesagt haben: Wir reduzieren.“ Vorbei also die Zeit des bleischweren Dieter-Bohlen-Umhängekeyboards mit dem wackligen Klinkenstecker.
Dem Spaß hat das keinen Abbruch getan: Gern kolportiert die Band noch immer, dass sie sich eigentlich „Wurstwasser 4“ oder „Altes Nervenleiden Oktett“ nennen wollte, dann aber feststellt, dass das für eine Fünf-Mann-Truppe ein etwas irritierender Name sein könnte.
Ob es nun klappt, als Aushilfs-Schwermetaller in der Gruga zu landen? Naja, eigentlich kommt es darauf gar nicht an, aber harte Musik bietet natürlich eine exzellente komödiantische Fallhöhe. „Heavy Metal ist so schön klischeehaft und hat auch diese gewollte Aggressivität und dieses Böse. Wenn man das dann auf Blockflöten, Keyboards oder sonstwas reduziert, dann erzeugt das ja praktisch schon von selbst Humor. Wir haben früher auch den ,Final Countdown’ von Europe gespielt – als Polka“, erzählt Volker, der zur perfekten Imitation wohl noch ein bisschen Haarspray in seine üppigen Locken pfeffern müsste. Ihre Visitenkarte haben Butterfahrt 5 jetzt jedenfalls abgegeben. Ob es zu einer Metal-Karriere reicht, die bis nach Wacken führt...? Heino hätte damit ja auch nicht gerechnet.