Die wiederbelebte Kultband mit Frontmann Iggy Pop kommt im September nach Gelsenkirchen. freizeit hat mal einen Blick in die bewegte Bandhistorie der Ur-Punks geworfen.

Es gab Zeiten, da ging er buchstäblich durch die Hölle. Doch im Herbst seiner Karriere meint es das Leben so richtig gut mit ihm: Iggy Pop, der Mitte der 70er noch seine Lederjacke für Drogen verhökerte und zeitweise in der Psychiatrie zu Hause war, wird heute von den Stars des Musikgeschäfts hofiert. Sogar Pop-Ikone Madonna erwies dem „Godfather of Punk” jüngst die Ehre: Als die 49-Jährige im März in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, durfte Iggy als Stargast für einen passenden musikalischen Rahmen sorgen – und sich hinterher ein Bussi von der Plattenmillionärin abholen.

Iggy & The Stooges live:

16.9., Amphitheater Gelsenkirchen.Karten gibt's für ca. 49 € im TICKET-SHOP, 01805/280123, www.DerWesten.de/tickets




Bei ihrer Ankündigung des vitalen 61-Jährigen als „Asskicker from Michigan” überging Madonna freilich etwas taktlos dessen Mitmusiker. Schließlich betrat nicht der langjährige Solokünstler die Bühne – hier rockten die legendären Stooges in Urbesetzung.

Mehr noch als ihr längst etablierter Frontmann erlebten damit die Brüder Ron und Scott „Rock” Asheton eine späte Genugtuung. Schließlich war es nicht Iggy allein, der Ende der 60er die gefährliche Seite der Rockmusik entdeckte. Songs wie „I Wanna Be Your Dog” oder „No Fun” – initiale Inspirationsquelle von Bands wie den Ramones, Nirvana und den White Stripes – schufen die Stooges als eingeschworenes Kollektiv.

Die Iggy-Pop-Story

Wen die ganze Geschichte des „Godfather of Punk” interessiert, der wird diese 528 Seiten verschlingen: Für seine Iggy-Pop-Biografie führte Paul Trynka über 250 Interviews – entsprechend umfassend ist sein Portrait. Ein verblüffendes Detail von vielen: Das Enfant terrible war als Schüler Klassenprimus und strebte eine politische Karriere an. Dann jedoch kam der Rock'n'Roll – und damit das wilde Leben. Dass die Iggy-Story ein Happy End hat, stimmt froh – und mutet angesichts der geschilder-ten Exzesse wie ein Wunder an.Paul Trynka: "Iggy Pop", Rogner & Bernhard, 29,90 €.




Ihre Zeitgenossen quittierten die Vorwegnahme des Punkrock jedoch mehrheitlich mit Unverständnis. Zu düster waren die Texte, zu aggressiv der Sound, den Gitarrist Ron Asheton dem Verstärker entlockte. Das unvorbereitete Konzertpublikum reagierte nicht selten feindselig auf die Performance der Band. Ihr Sänger wappnete sich dagegen mit Arroganz und Provokation: Wenn James Osterberg Jr. sein Alter Ego Iggy Pop von der Kette ließ, flogen schon mal Erdnussbutter oder rohes Fleisch von der Bühne – und es hagelte Anzüglichkeiten.

In vielerlei Hinsicht war Iggys Auftritt jedoch stilbildend in der Rockszene: Der Stooges-Sänger trat nicht nur als Erster stets mit nacktem Oberkörper auf – als Vorbild gibt er selbst die ägyptischen Pharaonen an –, er kultivierte auch das Stagediving und überwand damit die Kluft zwischen Künstler und Fans.

Die Platten der Stooges entpuppten sich indes als Ladenhüter: Sowohl das titellose Debüt aus dem Jahr 1969 als auch der Nachfolger „Fun House” lagen wie Blei in den Regalen. Und auch der dritte Anlauf floppte: „Raw Power” – von keinem Geringeren als David Bowie produziert – machte seinem Titel alle Ehre und war damit zu „roh” für die Charts des Jahres 1973. Konsequenz: Ein Jahr darauf lösten sich die Stooges desillusioniert auf.

Satte 30 Jahre lang sollten Iggy und die Asheton-Brüder (das vierte Gründungsmitglied Dave Alexander starb 1975 an den Folgen seines Alkoholkonsums) getrennte Wege gehen. Während Mr. Pop jedoch zum Rock-Star avancierte, kamen Scott und Ron auf keinen grünen Zweig mehr. Anfang des neuen Jahrtausends schließlich die Wende: Als Iggy sein Album „Skull Ring” mit Gastmusikern aufzupeppen gedenkt, erinnert er sich der Spießgesellen aus Jugendtagen. Und die haben nichts verlernt: Im Studio rocken die wieder vereinten Stooges so harmonisch, dass es bald auch zum gefeierten Bühnen-Comeback kommt. Vor 33 000 Fans legt die Band beim kalifornischen Coachella-Festival im April 2003 einen Auftritt hin, den die Presse anschließend als „Wunder in der Wüste” preist. Grund: Mit ihrer über 30 Jahre alten Musik klangen die Stooges nicht weniger aktuell als die Kollegen von den White Stripes oder den Red Hot Chili Peppers.

Eine grandiose Reunion, die sich als dauerhaft erweist: In der Folgezeit tourt die wiedervereinigte Truppe durch ausverkaufte Hallen, 2007 erscheint mit „The Weirdness” sogar ein neues Album.

Und auch 2008 geben Iggy, Ron und Scott wieder Gas: Neben Moskau und Cannes steht im September Gelsenkirchen auf ihrem Tourplan. Mit gemütlichem Altherrenrock ist nicht zu rechnen – auch 41 Jahre nach der Bandgründung haben die Stooges immer noch reichlich „Raw Power”.