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Was haben ein Physiker, ein Medium und ein Psychologe gemeinsam? Sie können keine sachliche Diskussion führen. Bei „Menschen bei Maischberger“ sprachen die Gäste am Dienstag über übersinnliche Kräfte – und stritten dabei wie Kinder im Sandkasten.

„Übersinnliche Kräfte: Mysterium oder Mumpitz?“ – darum sollte es am Dienstagabend in der ARD-Talkshow „Menschen bei Maischberger“ gehen. Was eine amüsante Diskussion hätte werden können, artete jedoch in einen wahren Glaubenskrieg zwischen Skeptikern und Gläubigen aus, der sogar der Inquisition zur Ehre gereicht hätte.

Eingeläutet wurde die skurrile Sendung durch den Auftritt von Nora Rhiola Klee, einer Frau, die nach ihren eigenen Angaben mit einem Gong, einem Steinkreis und brennenden Kerzen Räume von negativen Energien befreien kann und so schon manchem Existenzgründer in den neuen Geschäftsräumen eine rosige berufliche Zukunft beschert haben will. Ob ihre Behandlung der Studioräume nicht gewirkt hat, wird ihr Geheimnis bleiben; jedenfalls war schon zu diesem Zeitpunkt eine deutliche Spannung zwischen den Gesprächspartnern zu spüren.


Physik vs. Esoterik

So wurde Klee denn auch gleich von dem Physikprofessor Heinz Oberhummer leidenschaftlich angegangen, kaum dass sie neben der Moderatorin Maischberger Platz genommen hatte. Von welcher Art Energie sie denn bei ihrer Arbeit spreche? Und wie sie etwas fühlen könne, von dem sie noch nicht einmal genau wissen, was es sei? Für ihn als Wissenschaftler zähle nur, was er beweisen könne. „Die Fantasie kann sich tolle Sachen ausdenken, aber in der Realität gibt es sie halt nicht“, hielt er der sichtlich um Erklärungen ringenden Klee entgegen.

Da half es auch nicht, dass Rüdiger Dahlke, studierter Mediziner, Psychotherapeut und Autor zahlloser esoterischer Bücher, für sie in die Bresche sprang. Denn spätestens als die Sprache auf das von Dahlke in einem Buch behandelte Phänomen der Lichternährung – eine Lebensweise, bei der sich jemand angeblich über Jahre nur von Licht ernährt – kam, war es um die Zurückhaltung der skeptischen Gäste geschehen. Als „hochgefährlichen Blödsinn“ bezeichnete Okkultismuskritiker und Psychologe Colin Goldner das Buch seines Kollegen Dahlke und schimpfte ihn „Esoterikpapst“ und „Scharlatan“.

Spätestens an diesem Punkt driftete die Diskussion in eine quasi-religiöse Richtung ab, bei der es weniger um Sachfragen denn um das grundlegende Verständnis der Welt ging, das mit einer Leidenschaft verteidigt wurde, die selbst die katholische Inquisition beeindruckt hätte.


Lichternährung im Selbstversuch

Schlussendlich entzündete sich die Debatte an der Frage, ob Dahlke denn nun während seines siebentägigen Selbstversuchs in Lichternährung Wasser getrunken habe oder nicht. Fast kamen einem die Kontrahenten dabei vor wie kleine Kinder, die sich im Sandkasten um ein und dasselbe Förmchen streiten – ich habe nichts getrunken, ohne Wasser kann man nicht leben, ich habe nichts getrunken etc. Zu Zeiten Torquemadas hätte sicherlich schon der für Dahlke reservierte Scheiterhaufen vor sich hin geschwelt. Und Maischberger, die den Großteil der Sendung ihre esoterisch-angehauchten Gäste innerlich zu belächeln schien, heizte die Debatte unnötigerweise mit lapidaren Sätzen wie „Also ich habe gelernt, wenn man nichts trinkt, ist man spätestens nach ein paar Tagen mausetot“ noch zusätzlich an.

Da wirkte der Auftritt von Kim-Anne Jannes, ein aus diversen Fernsehformaten bekanntes Medium, als würde man Öl ins Feuer gießen. Denn die junge Frau, die angeblich mit dem toten Uwe Barschel über dessen Tod gesprochen haben will, setzte sich gleich leidenschaftlich für all diejenigen ein, die in persönlichen Krisen ihr Heil in esoterischen oder übersinnlichen Behandlungen suchen. „Ich finde es nicht in Ordnung, dass Menschen, die sowas nutzen, um mit ihrer Trauer zurechtzukommen, hier als Idioten dargestellt werden.“ Und dass man keine besondere Veranlagung brauche, um an Übersinnliches zu glauben und daraus Kraft zu beziehen, stellte Rüdiger Dahlke klar: „Unsere Patienten sind keine labilen Spinner, die fast schon psychotisch sind.“ Doch als genau das scheint Psychologe Goldner sie zu sehen, denn wer an paranormale Phänomene glaube, „bewegt sich schon im psychologischen Grenzbereich“.


Maischberger bleibt farblos

Moderatorin Sandra Maischberger blieb derweil zwischen ihren schillernden Gästen meist farb- und scheinbar hilflos, was die Lenkung des Gespräches anging. Kaum gelang es ihr, sich in die hitzigen Debatten einzuklinken. Sie blühte erst auf, als sie ihren letzten Gast ins Studio bat. „Gedankenleser“ Thorsten Havener, der gleich klarstellte, dass er keinerlei übersinnliche Fähigkeiten besäße aber auch nicht ausschließe, dass es derart begabte Menschen geben könnte, bezauberte die Moderatorin mit Psycho-Tricks, die er live im Studio vorführte.

Was ja ganz hübsch und amüsant anzuschauen war, ging auf Kosten der Diskussion, die Havener als Mittler zwischen den beiden „verfeindeten“ Parteien sicherlich um einige Facetten hätte bereichern können. So blieb die Sendung auch in den letzten Minuten in ihren eingefahrenen Spuren – hitziges und sarkastisches Leugnen auf der einen, stoisches Beharren auf der anderen Seite.

Viel schlauer war man als Zuschauer nicht, nachdem man mehr als eine Stunde dem Gezänk der Gäste gelauscht hatte. Vielleicht hätten sie das gute alte Sprichwort „ Leben und leben lassen“ bemühen und statt einem Glaubenskrieg lieber eine sachlichere Diskussion führen sollen, von der sicherlich alle Seiten hätten profitieren können.