Dortmund.. Die Auszubildenden der Werkfeuerwehr von Thyssen-Krupp üben im DMT Zentrum für Brand- und Explosionsschutz in Dortmund den Ernstfall.

Die jungen Männer stürzen sich auf den Wasserkasten. „Durst!“, schreit es aus ihren Gesichtern. Und „Hitze!“ Die Köpfe – rote Haut, verschwitzte Haare. Die Atmung – schnell. Die Schutzanzüge, Helme und Sauerstoffflaschen – schwarz. Kein Wunder: Gerade eben ist eine 950 Grad heiße Feuerwalze in einem Container über sie hinweggefegt. Zu Übungszwecken. Die Männer sind angehende Werkfeuerwehrmänner bei Thyssen-Krupp. Sie absolvieren einen Grundausbildungslehrgang im DMT-Zentrum für Brand- und Explosionsschutz in Dortmund.

Durchzündung nennt der Fachmann das, was für den Laien wie ein flammendes Inferno aussieht. Die Stichflamme, die aus dem Container schlägt, lässt nichts Gutes vermuten. Sieben Feuerwehr-Azubis sind eben in dem Metallquader verschwunden. Bei ihnen ist Ausbilder Holger Schultze. Er zeigt ihnen, was passiert, wenn einem Feuerherd unbedacht Sauerstoff zugeführt wird. Wie? Indem er es falsch macht. Containertür auf und zu. Zu viel Löschwasser in die Flammen. Wenn das Gemisch zwischen brennbaren Gasen und Sauerstoff stimmt, macht es – einfach ausgedrückt: Peng! Die Stichflamme schlägt meterweit aus dem Container. Die Männer umgibt tiefschwarzer Rauch. Sie knien am Boden. Die Feuerwalze geht über ihre Köpfe hinweg. Keine Gefahr!

„Die Nullsicht und die hohe Temperatur setzen einem anfangs am meisten zu“, erklärt Holger Schultze. Auf Brusthöhe ist es in dem Container etwa 250 Grad heiß. Schultze ist seit 1991 Feuerwehrmann, war vorher seit 1979 schon bei einer freiwilligen Einheit. „Ich möchte mein Wissen und meine Erfahrung an die Jungen weitergeben“, sagt Schultze, der seit 2008 bei der DMT nebenberuflich als Ausbilder arbeitet. Es gilt das Motto: „Aus der Praxis, für die Praxis.“ Die Kollegen bei der DMT fahren alle noch auf dem Löschzug raus. „Einsatzerfahrung ist am wichtigsten“ sagt Schultze. Patentlösungen für jede Situation gibt es nicht, bläut er den zukünftigen Thyssen-Krupp-Feuerwehrmännern immer wieder ein.

Die angehenden Werkfeuerwehrmänner kommen aus dem Container. Der tiefschwarze Rauch hat sich an der Decke gesammelt.
Die angehenden Werkfeuerwehrmänner kommen aus dem Container. Der tiefschwarze Rauch hat sich an der Decke gesammelt. © Funke Foto Services | Funke Foto Services

Die sollen die richtigen Vorgehensweisen lernen. Wie stellt man das Hohlstrahlrohr, aus dem das Wasser schießt, richtig ein? Wie groß ist die Brandlast eines Gegenstands, das heißt die Energie, die bei seiner Verbrennung frei wird? Wie ist die Rauchbeschaffenheit? 18 Monate dauert die Ausbildung. Die Männer stehen kurz vor ihrer Abschlussprüfung. Bei Erfolg würden alle übernommen, sagt Marcus Windhaus, der Leiter der Ausbildungsabteilung der Werkfeuerwehr bei Thyssen-Krupp. Die Anforderungen bei den Stahlkochern sind besondere: „Wir müssen das Werksgelände und die Produktionsabläufe kennen“, erklärt Windhaus. Ein Schwerpunkt: hüttenspezifische Gefahren. „Bei uns kann flüssiges Roheisen austreten, das 1500 Grad heiß ist.“ Hinzu kommen Prozessgase wie Kohlenmonoxid. Bei Thyssen gibt es viele gefährliche Güter auf dem Werksgelände, betont Windhaus.

Im Hintergrund lodern die Flammen

Zurück zum Container-Inferno. Im Hintergrund lodern immer noch die Flammen. Schultze und seine Schüler haben sich im Kreis auf den Boden gesetzt – jeder hat eine Flasche Wasser abbekommen. Der Ausbilder geht noch einmal Schritt für Schritt durch, was im Inneren des Containers passiert ist. Die Männer sprechen auf Augenhöhe miteinander. Schultze und die anderen Ausbilder wollen die Azubis die Dinge selbst erfahren lassen. Für die Feuerwehr-Anwärter heißt das vor allem „Learning by Doing“. Marius Grune gefällt das. Der 23-jährige Dinslakener hat vorher Industriemechaniker gelernt. „Da lagen mir Theorie und Praxis zu weit auseinander“, sagt er. „Hier habe ich in 18 Monaten so viel erlebt, wie vorher nicht in 23 Jahren.“ Die Flammen, die eben über ihn hinweggezogen sind, nimmt er locker. „Draußen sieht das nach einer Menge Druck aus. Drinnen ist alles ruhiger. Es sieht toll aus, wenn die Flammen langsam durchzünden.“ Man verliere mit der Zeit die Angst und gewinne Vertrauen in die Schutzkleidung. „Der Respekt muss aber bleiben.“