Essen..

Er ist Clown und Kenner zugleich. Der Niederländer und Diplom-Musikwissenschaftler Hans Liberg hat es zum berühmtesten Musik-Komödianten seiner Zeit gebracht. Demnächst erklärt er in Essen, was Klingeltöne mit Chopin zu tun haben. Lars von der Gönna sprach mit ihm.


Herr Liberg, die Deutschen trennen Klassische Musik und Unterhaltung sehr. Haben Sie eine Erklärung?


Hans Liberg: So wie die Niederländer ihrer Mentalität nach eher Kaufleute sind, sind die Deutschen eher Philosophen. Sie nehmen die Dinge sehr ernst und klassische Musik natürlich auch. Das hat Vorteile. Andererseits haben Vermischungen auch immer zu Bereicherungen geführt.


Gibt es eine Musik, die Sie nicht ernst nehmen können?


Liberg: Jede Musik, die ein Publikum findet, muss man erst einmal ernst nehmen. Aber ich persönlich bin von Hip-Hop überhaupt kein Fan. Das ist ziemlich aggressiv und in den Texten oft sexistisch. Eminem ist für mich eine Ausnahme.


Haben Sie Kontakt zu „echten“ Klassik-Interpreten?


Liberg: Ja, mit Gidon Kremer habe ich schon was gemacht. Zuletzt mit der Cellistin Sol Gabetta. Was uns verbindet ist, dass sie auch ein großes Publikum erreichen will. Viele sogenannte ernste Musiker kommen in meine Shows.


Müssen Klassik-Konzerte lockerer werden, damit das Genre überlebt?


Liberg: Die Konzertpraxis ändert sich immer wieder. Beethoven hat nie ganze Sinfonien gespielt. Dann kam eine Sängerin oder ein Gaukler, dann wieder Musik. Das war ganz locker zusammengestellt. Und das kann man eigentlich auch jetzt noch tun. Wenn man, ohne es anzukündigen, Hindemith in einem Beethoven Konzert spielen würde, kämen Menschen vielleicht darauf, das spannend zu finden. Obwohl sie vorher schon beim Namen Hindemith abgewunken hätten. Man könnte mehr mischen - aber mit Geschmack!


Sie kommen nach Essen. Was muss eine Stadt haben, um Kulturhauptstadt zu sein?


Liberg: Ein Publikum, das es schätzt und unterstützt. Wenn die Leute nicht kommen, lohnt sich so ein Festival nicht. Natürlich braucht man eine schöne Musikhalle und einen Bürgermeister, dessen Tochter gut Klavier spielt. Und seine Frau sollte Kunst sammeln, das wäre auch gut. Aber im Ernst: Man muss sich Mühe machen, um Menschen dafür interessieren. Kultur muss Spaß machen.


Gibt es noch andere Gründe Festivals zu besuchen?


Liberg: Aber ja sicher: Wenn man unverheiratet ist, begegnet man da bestimmt jemandem, der interessant ist. Wenn ich nicht verheiratet wäre, würde ich da immer hingehen.