Duisburg.. Der Fotograf Manfred Vollmer zeigt seine Arbeiten in Duisburg: „Das Revier ist mein Revier“. Seit fast fünf Jahrzehnten fangen seine Kameras das Ruhrgebiet in allen seinen Facetten ein - zu sehen im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg.
Manfred Vollmer hat den Strukturwandel schon fotografiert, da gab es dieses Soziologenwort für die Schließung von Zechen und Stahlhütten noch gar nicht. Seit fast fünf Jahrzehnten fangen Vollmers Kameras (über lange Zeit hinweg zwei Nikon F 3, eine für Farbe, eine für Schwarzweiß – seit 2002 digital und heute mit einer D 700) das Ruhrgebiet in allen seine Facetten ein. Beim Feiern wie beim Arbeiten, beim Entspannen und beim Kämpfen um Lohn und Brot. Eine Ausstellung im Kultur- und Stadthistorischen Museum in Duisburg zeigt nun fast den ganzen Vollmer, Motto: „Mein Revier ist das Revier“.
Und bunt ist es auch. Viele der auf Plakat-Format vergrößerten Aufnahmen zeigen das schillernde Kulturgebiet Ruhr, von der bis zur Eröffnung der Duisburger Merkez-Moschee bis zur Probe für den Schneesturm-Auftakt zum Kulturhauptstadtjahr. Doch auch der „bunte“ Manfred Vollmer ist da am besten, wo er Industriekultur zeigt: Entweder in der Hochglanz-Version wie beim „Geleucht“ auf der Moerser Rheinpreußen-Halde (und der imposant in den Nachthimmel gleißenden Hochofenanlage von Thyssen-Krupp in Hamborn und Schwelgern) – oder bei den malerischen Detailaufnahmen vom rostigen Riesen-Maulschlüssel am stahlglänzenden Haken auf der Gelsenkirchener Zeche Consolidation, das ähnlich schön wirkt wie das geradezu impressionistische Stillleben aus Rad und Federung einer alten Grubenlok auf Zeche Hugo, eine Farbton-Sinfonie in Rost vom heißen Orange bis zum kühlen Ocker, mit immer grüner werdenden Rändern, an denen die Natur sich ihre Herrschaft über die Industrie wieder zurückzuholen scheint.
Noch lieber aber lauscht man den Geschichten, die Vollmers Schwarz-Weiß-Aufnahmen erzählen. Vielleicht auch, weil er das Fotografieren von 1965 bis ‘70 beim legendären Otto Steinert an der Folkwang-Hochschule erlernte. Da sind die Bilder von den vielen Arbeitskämpfen der Region etwa, bis hin zur ikonenhaften jungen Frau aus Rheinhausen mit dem langhaarigen Mädchen auf dem Arm, dem Modeschmuck an Ohr und Fingern und der geballten Faust – man hört förmlich auf diesem Bild, wie sie damals sangen „Keiner schiebt uns weg!“
Drei Puppenmütter und Ikonen
Den Kampf um Rheinhausen hat er von A bis Z dokumentiert, vom Krupp-Chef Cromme, dem schon die Eier vom Trenchcoat triefen und der sich mit einem verräterischen Blick wegduckt, bis zu den Stahlkochern, die die Villa Hügel gestürmt hatten und jenem legendären, menschen- und schicksalprallen Bild von der „Brücke der Solidarität“, das zum Inbegriff des verzweifelten Kampfes wurde.
Die letzte Schicht in der Hattinger Henrichshütte hat Vollmer fotografiert. Und den Kumpel von der Zeche Blumenthal/Haard mit dem aufblitzenden Kopflampen-Licht, dem entschlossen schmalen Mund und dem kerzengeraden Blick, der doch in eine unsichere Zukunft gerichtet zu sein scheint – auch dies längst Klassiker des Lichtbildwesens.
Aber man stellt sich auch gern vor, was wohl die drei Puppenmütter vor der reviertypischen Altbaukulisse zu erzählen hatten. Und man sieht, mit welcher Mischung aus Spannung und Unbehagen die Kinder der Familie Ümüt auf dem Sofa in der leeren Hüttenheimer Wohnung saßen, als die Familie 1984 das „Rückkehrhilfegesetz“ in Anspruch nahm und Knall auf Fall in die Türkei ging, wie 4500 andere auch.
World Press Photo-Preis für Serie über Öl
Da hatte Manfred Vollmer schon längst einmal den „World Press Photo“-Preis gewonnen, 1979 war das – ausgerechnet für eine Foto-Serie über den Kampf gegen die Ölmassen, die aus dem verunglückten Tanker Amoco Cadiz strömten und die Küste der Bretagne verpesteten.
- Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg, Johannes-Corputius-Platz (Parkhaus: Brüderstraße 10), bis 11. Januar 2015. Geöffnet:di-so 10-17 Uhr, so bis 18 Uhr. Internet:www.stadtmuseum-duisburg.de. Eintritt:4,50 €, erm. 2 €, Familien: 5 / 10 €. Fotopostkarten-Paket mit 10 Expl.: 3 €.