Köln. Peter Ustinov war ein Künstler von wohl einzigartiger Vielseitigkeit. Er glänzte nicht nur als Hollywood-Star, sondern auch als Komiker, Unicef-Botschafter und Autor. Vor zehn Jahren starb die Ausnahmepersönlichkeit, deren größtes Geheimnis ihr erfolgreiches Menschsein war.
An diesem Freitag (28. März) ist es zehn Jahre her, seit Peter Ustinov im Alter von 82 Jahren in der Schweiz starb. Noch immer ist es so, dass bei der Nennung seines Namens sehr vielen Menschen sofort eine ganz bestimmte Szene einfällt, die sie mit ihm verbinden. Doch es sind unterschiedliche Szenen - denn Ustinov war nicht nur Schauspieler, sondern auch Komiker, Schriftsteller, Fernsehmoderator, Humanist und Unicef-Botschafter.
Roger Willemsen ist zum Beispiel eine Szene aus der BBC-Kurzserie "Ustinov's People" unvergesslich. Darin will Ustinov 1984 die indische Premierministerin Indira Gandhi interviewen. Er wartet in Neu Delhi auf sie und berichtet vor laufender Kamera: "Hier stehe ich also im Garten von Indira Gandhi. Es sind Vögel in den Bäumen. Wächter stehen in den Winkeln. Es ist ruhig."
Da geschieht im Hintergrund etwas. Ustinov sagt: "Oh, ich höre ein Geräusch. Es irren Leute durch die Gegend, die Wächter laufen. Aber ich glaube nicht, dass etwas Schlimmes passiert ist." Das Bild wird kurz dunkel, dann ist Ustinov zurück. "Ich muss gestehen: Als ich eben sagte, es sei nichts Ernstes geschehen, habe ich mir selber nicht geglaubt. Auf Indira Gandhi ist soeben geschossen worden. Die Wächter stehen nicht mehr in den Winkeln. Aber die Vögel sind noch in den Bäumen." Indira Gandhi war auf dem Weg zu Ustinov von ihrer eigenen Leibwache ermordet worden.
In den unterschiedlichsten Kulturkreisen
Ebenso hat Rudi Tarneden, Sprecher von Unicef Deutschland in Köln, seine ganz persönliche Szene vor Augen. Er besuchte zusammen mit Ustinov eine Zeitungsredaktion. Ustinov saß schon im Rollstuhl, aber dennoch imitierte er US-Präsident George W. Bush so perfekt, dass die ganze Redaktion vor Lachen am Boden lag, wie sich Tarneden erinnert. "Und das mit einem totalen Minimum am Gestik!"
Dass Ustinov so ungeheuer populär war, hatte wohl mehrere Gründe. Zum einen war er sehr lange berühmt. Schon seit "Quo Vadis", dem Hollywood-Monumentalfilm, in dem er Kaiser Nero als kindlichen Massenmörder spielte, war er ein Weltstar. Das war 1952. Seine Paraderolle war der Schnurrbart zwirbelnde Meisterdetektiv Hercule Poirot.
Ein weiterer Grund für seine Beliebtheit war, dass das Sprachengenie in den unterschiedlichsten Kulturkreisen zuhause war. Er sei in St. Petersburg gezeugt, in London geboren und in Schwäbisch Gmünd getauft worden, hat er gerne erzählt. Der Vater war Presseattaché in der Deutschen Botschaft in London, bis er sich mit Hitlers Außenminister Joachim von Ribbentrop überwarf und englischer Spion wurde. Ustinov erinnerte sich einmal: "Wenn in der Schule mal jemand nett zu mir sein wollte, dann erzählte er mir: "Mein Vater sagt immer, die deutschen Schützengräben im Krieg waren viel sauberer als die französischen." Dann musste ich zugeben, dass meine Mutter Französin war."
Ustinov war nicht nur künstlerisch erfolgreich
Ustinov war ein Multitalent. Niemand konnte zum Beispiel so perfekt die knackenden Telefonleitungen des Vatikans und das pfeifende "Ave Maria" in der Warteschleife nachmachen. Aber sein größte Geheimnis war wohl noch etwas anderes. Rudi Tarneden berichtet, wie er 2002 einen Brief von einem Jungen namens Fritzi aus Wien erhielt, der sich als Ustinov-Fan zu erkennen gab und ihn bat, ihm ein Autogramm zu besorgen.
Ein paar Tage später traf er Ustinov und zeigte ihm den Brief. Der setzte sich sofort hin und schrieb zurück: "Lieber Freund Fritzi, ich danke dir für dein entzückenes Brief. Ich verzeihe mich für mein schlechtes Deutsch! Dein Brief ist so bezaubernd, dass ich sicher bin, dass Dein Leben ein großes menschliches Erfolg sein wird. Dein Peter."
Und das ist es wohl, warum Ustinov nicht nur bewundert, sondern geliebt worden ist. Sein Leben war nicht nur ein künstlerischer, es war vor allem ein menschlicher Erfolg. (dpa)