Gelsenkirchen.. Zehntausende Musikfans pilgerten an drei Tagen zu “Rock im Revier“ nach Gelsenkirchen – und feierten in der Arena Metallica, Muse, Limp Bizkit & Co.
Als am späten Samstagabend die Konfettikanonen ihren glitzernden Regen über dem Publikum niedergehen ließen, war das nicht nur einer der erhebendsten Momente beim Auftritt der britischen Bombast-Rocker Muse. Nein, es war auch ein hübsches Sinnbild dafür, dass dem Ruhrgebiet ein großes Festival quasi in den Schoß gefallen ist: „Rock im Revier“ ist gekommen, um zu bleiben.
Nach den Umzugsturbulenzen, die der Weggang des Rockspektakels vom Nürburgring mit sich gebracht hat, stand für Veranstalter Oliver Hoppe von Wizard Promotions dennoch schon vor dem Öffnen der Tore am Freitag fest: „Wir machen weiter.“ Obwohl der Blick über die gerade tagsüber arg lichten Ränge der Arena auf Schalke manchen daran zweifeln ließ.
Am Freitagabend allerdings erhielten die Fans erstmals einen recht guten Eindruck davon, wie er in Zukunft aussehen könnte, so ein Durchschnittstag bei „Rock im Revier“: Metallica, mit Abstand das Zugpferd im Kartenvorverkauf, füllten drei Viertel des Innenraums und große Teile der Ränge. An den Seiten, wo die blauen und weißen Sitze normalerweise den Schriftzug „FC Schalke 04“ bilden, war dank des Publikums nur noch das „04“ unbesetzt – und das lag in einem abgesperrten Bereich.
Eine eigene Premiere für Metallica bei "Rock im Revier"
Die US-Metaller unter James Hetfield spielten ein Konzert für echte Fans, sie holten den raren, 32 Jahre alten Klassiker „Metal Militia“ hervor, und brachten nach Kenner-Aussagen zum ersten Mal überhaupt bei einem Konzert die Ballade „The Unforgiven II“ auf die Bühne. Der Sound war exzellent, James Hetfield und Kirk Hammet beherrschen ihre Gitarren mit der Präzision eines stählernen Uhrwerks. Die Fans reckten euphorisiert die Fäuste empor, auch als Metallica beim Hit „Enter Sandman“ große, schwarze Luftballons auf die Menge regnen ließen, so dass ein fast surreales Gehüpfe über den Köpfen in Gang kam.
Diesen Kniff beherrschten übrigens auch Muse am Samstagabend, nur waren ihre Ballons, die zum Song „Mercy“ übers Publikum gestupst wurden, größer und mit mehr Gas gefüllt, so dass sie sich langsamer durch die Luft bewegten. Was sehr gut zu ihrem Sound passt. Zwar spielten die Briten für ihre Verhältnisse sehr hart, doch merkte man ihnen die künstlerische Verspieltheit an. Sänger Matthew Bellamy erreichte stimmlich höchste Höhen, spielt perlende Melodien am Flügel, ein paar Sekunden später legt er ein virtuoses Gitarrensolo hin. Die Band ist geschult an Klassik, an ProgRock-Klassikern, aber auch am pompösen Sound von Queen. Muse-Shows sind zugleich ein Lichtspektakel, was beim am Samstagabend geöffneten Dach der Arena erst zur vollen Geltung kam, als es dunkel wurde – und die Band dann etwa bei „Time Is Running Out“ oder „Knights Of Cydonia“ in Laserstrahlen und Videoprojektionen getaucht war.
Auch ein Festival der langen Wege
Womit eine Besonderheit des Festivals zu erwähnen wäre: Die Atmosphäre in der Arena kann nicht intim werden, solange es draußen taghell ist, worunter die Shows von Faith No More, Incubus oder Judas Priest optisch zu leiden hatten. Und die Stimmung kann tags nicht so unbeschwert wirken wie vor der Open-Air-Bühne, wo Bands wie Limp Bizkit oder Eisbrecher unter blauem Himmel eine typische Sommershow zelebrierten. „Rock im Revier“ ist auch ein Festival der langen Wege: Von der Bühne in der Arena muss man zwölf Minuten Fußweg zur Open Air Bühne rechnen, zur Emscher-Lippe-Halle sind es noch ein paar Minuten mehr.
Nach dem Auftritt von Kiss am Sonntagabend beginnt das Rechnen. Mit den Besucherzahlen im Revier (Freitag ca. 30.000, Samstag und Sonntag jeweils 20 .000) werden die Veranstalter noch nicht zufrieden sein, sie jedoch als Startinvestition verbuchen. Gemeinsam mit den Schwesterfestivals Rockavaria in München und Rock in Vienna, bei denen dieselben Bands an anderen Tagen aufgetreten sind, sollen 120 .000 Tickets verkauft worden sein – was zeigt, dass das Gesamtkonzept kein kompletter Fehlschlag gewesen ist. Festivals müssen wachsen, bis sie richtig groß sind. Und „Rock im Revier“ hat das Potenzial dazu.